27.03.2017

Ungarn: Arbeitsrechtlicher Rahmen bei Entsendung innerhalb einer Unternehmensgruppe

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Es kommt immer häufiger vor, dass die ausländischen Muttergesellschaften ihre Arbeitnehmer, insbesondere ihre Fachleute mit hohem Fachwissen, ihre oberen und mittleren Führungskräfte zur Arbeitsleistung zu ihren ungarischen Tochtergesellschaften entsenden. Daher ist die Überlegung des arbeitsrechtlichen Rahmens der Entsendung innerhalb einer Unternehmensgruppe besonders wichtig, wobei auch die steuerrechtlichen und sozialversicherungsbezogenen Rechtsfolgen berücksichtigt werden sollen.

Typische arbeitsrechtliche Modelle bei der Entsendung innerhalb einer Unternehmensgruppe 
  1. Entsendungsvereinbarung

Bei der Entsendung innerhalb einer Unternehmensgruppe für einen kürzeren Zeitraum ist eine häufige Lösung, dass der zwischen dem entsendenden Arbeitgeber und zu entsendenden Arbeitnehmer abgeschlossenen Arbeitsvertrag durch eine einvernehmliche Vereinbarung auf eine befristete Zeit modifiziert wird. Die Parteien legen im Rahmen dieser Entsendungsvereinbarung die wichtigsten Bedingungen der Entsendung fest, welche mit den Mindestarbeitsbedingungen gemäß § 295 Abs. 1 ArbG (Ungarn) im Einklang stehen müssen, so unter anderem mit der Höchstarbeitszeit oder der Mindestruhezeit, dem Mindestarbeitslohn, den Arbeits- und Beschäftigungsbedingungen gefährdeter Gruppen.

  1. Mehrvertragsmodell 

Wenn die Entsendung innerhalb einer Unternehmensgruppe für einen längeren Zeitraum geplant ist, bestimmen die Parteien üblicherweise die rechtlichen Rahmen der Entsendung durch ein Mehrvertragsmodell. Dieses Modell wird vor allem bei einer mehrjährigen Entsendung eines Arbeitnehmers (in der Regel eine neue Person mit Führungsaufgaben im Tochterunternehmen, die die Aufgaben als leitende/r Angestellte wahrnimmt) nach Ungarn angewandt. In diesen Fällen vereinbaren der entsendende Arbeitgeber und der Arbeitnehmer einvernehmlich, dass das zwischen ihnen bestehende Arbeitsverhältnis ruhend gestellt wird (d.h. die Hauptverpflichtungen aus dem ausländischen Arbeitsvertrag, so die Verfügbarkeitspflicht und die Lohnzahlungspflicht zeitweilig ausgesetzt werden), damit der Arbeitnehmer bei dem zur Unternehmensgruppe gehörenden ungarischen Arbeitgeber die Arbeitsleistung fortsetzt. Der ungarische Arbeitgeber und der entsendete Arbeitnehmer schließen einen befristeten Arbeitsvertrag – üblicherweise aufgrund des ungarischen Arbeitsrechts – ab. 

Entsendung innerhalb einer Unternehmensgruppe: das dreiseitige Rechtsverhältnis 

Die Entsendung innerhalb der Unternehmensgruppe ist ein dreiseitiges Rechtsverhältnis. Über den Arbeitsvertrag hinaus entsteht auch ein Rechtsverhältnis zwischen dem entsendenden Arbeitgeber und dem ungarischen Arbeitgeber. Diese zivilrechtliche Vereinbarung zwischen den Parteien ist besonders wichtig, da die sich auf die Beurteilung auswirkt, welcher Arbeitgeber als wirtschaftlicher Arbeitgeber gilt. Dies hat steuer- und sozialversicherungsrechtliche Folgen.

Inhalt der Vereinbarung zwischen dem entsendenden und ungarischen Arbeitgeber

Der entsendende und der ungarische Arbeitgeber können den Inhalt der Vereinbarung im Rahmen der Rechtsvorschriften frei aushandeln. Der im Steuerrecht angewandte Integrationstest kann einen Ausgangspunkt liefern. Aufgrund des Integrationstestes kann festgestellt werden, welcher Arbeitgeber als wirtschaftlicher Arbeitgeber gilt.

Hierbei wird dargelegt, ob die Leistung des entsendeten Arbeitnehmers einen integralen Teil der Geschäftstätigkeit des ungarischen Arbeitgebers darstellt. Von besonderer Bedeutung ist hierbei, welcher Arbeitgeber die Haftung oder das Risiko für die durch die Tätigkeit des Arbeitnehmers erzielten Arbeitsergebnisses trägt.

Zudem ist bei der Entsendung innerhalb einer Unternehmensgruppe zu prüfen:

–    wer ist berechtigt, das Weisungsrecht auszuüben,

–    wer ist berechtigt und verpflichtet, den Ort der Arbeitsverrichtung zu kontrollieren und dafür die Haftung zu tragen,

–    ob der Arbeitgeber nach formellem Recht die Vergütung des Arbeitnehmers unmittelbar der Gesellschaft weiterbelastet, bei der der Arbeitnehmer seine Tätigkeit ausübt,

–    wer stellt die zur Ausführung der Arbeit benötigten Mittel und Materialien zur Verfügung,

–    wer bestimmt die Zahl und die Qualifikation der Arbeitnehmer,

–    wer ist berechtigt die Arbeitnehmer auszuwählen und das Kündigungsrecht auszuüben,

–    wer ist berechtigt, arbeitsrechtliche Sanktionen zu verhängen,

–    wer bestimmt die Urlaubstage und die Arbeitsordnung.

Es ist also zu empfehlen, unter anderem auch diese Themenbereiche bei der inhaltlichen Ausgestaltung der Vereinbarung zwischen den Parteien zu überlegen.

Im Hinblick auf die obigen Ausführungen ist es unentbehrlich, die arbeits-, sozial- und einkommensteuerrechtliche Aspekte der Beschäftigungskonstruktion bei der Entsendung innerhalb der Unternehmungsgruppe zu überlegen und die voneinander abweichenden Systeme aufeinander abzustimmen.

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