Die Sondersteuer für Finanzgesellschaften, die Finanztransaktionsgebühr, die Fernmeldesteuer, die Steuer für Versorgungsleitungen, die Einkommensteuer der Energieversorger, die Versicherungssteuer, die Unfallsteuer, die Produktsteuer für die Volksgesundheit („Chipssteuer”), die Werbesteuer – das sind nur ein paar Beispiele aus der Liste der in den letzten Jahren in Ungarn eingeführten Sondersteuern, ohne aber den Anspruch auf Vollständigkeit zu erheben. Die Namen der vielen neuen Steuerarten sind auch kaum noch zu merken. Hierbei stellt sich die Frage, welches Gewicht die Einnahmen aus diesen Steuern im ungarischen Haushalt haben und ob die verzerrende Wirkung auf die Rentabilität der einen oder anderen Branche keinen größeren Wettbewerbsnachteil für Ungarn zur Folge hat, als die positiven Auswirkungen, die aus den erzielten Einnahmen durch die Sondersteuern für das Haushaltsgleichgewicht resultieren.
Wie in der obigen Tabelle ersichtlich, erzielen die vier größten Positionen (Körperschaftsteuer, Umsatzsteuer, Verbrauchsteuer und Einkommensteuer) 7.104 Milliarden HUF (ca. 23 Milliarden EUR), d.h. fast 87% der gesamten Steuereinnahmen in Ungarn. Im Gegensatz dazu bringen die sechs größten Branchen-Sondersteuern (die Sondersteuer für Finanzgesellschaften, die Einkommensteuer der Energieversorger, die Fernmeldesteuer, die Steuer für Versorgungsleitungen, die Versicherungssteuer und die Glücksspielsteuer) Einnahmen von 291 Milliarden HUF (ca. 1 Milliarde EUR) oder 3,6% des Budgets.
Natürlich soll dies meinerseits nicht als Steueränderungsvorschlag betrachtet werden, aber die Einkommensteuereinnahmen in Höhe von 1.793 Milliarden HUF (ca. 6 Milliarden EUR) lassen rechnerisch darauf schließen, dass mit einer Anhebung des Einkommensteuersatzes von 15% auf 18% alle branchenspezifischen Sondersteuern gestrichen werden könnten. Das Gleiche gälte auch bei einer Erhöhung des Umsatzsteuersatzes um 1%, hätte Ungarn im europäischen Wettbewerb um den höchsten Umsatzsteuersatz nicht schon eine Führungsposition inne. Diese Beispiele sind lediglich ein weiterer Beweis dafür, dass die Branchen-Sondersteuern keinen bedeutsamen Anteil an den ungarischen Budgeteinnahmen haben.
Welche Schäden verursachen die Sondersteuern für die betroffenen Branchen?
Die Gesellschaften, die in den von den Sondersteuern betroffenen Branchen in Ungarn tätig sind, müssen in den meisten Fällen eine effektive Steuerbelastung von mehr als 50% ihrer Gewinne hinnehmen, aber es kommt auch vor, dass das Steuerniveau über 80% liegt, wenn wir zur Körperschaftsteuer die Sondersteuer hinzurechnen. Bei einem solchen Steuerbelastungsniveau macht die Ausübung einer Wirtschaftstätigkeit fast keinen Sinn mehr und die Investoren halten eigentlich nur deshalb an Ungarn fest, da sie beim eventuellen Verkauf ihrer Gesellschaft unter diesen steuerlichen Bedingungen nur einen Bruchteil des investierten Kapitals wieder zurückbekommen könnten. Auf neue Marktteilnehmer können wir in den von Sondersteuern betroffenen Branchen leider vergeblich warten.
Die negativen Auswirkungen der Sondersteuern sind leider noch aus einem weiteren Gesichtspunkt sehr wichtig: Sie haben einen negativen Effekt auf die Entwicklung der anderen Steuern in Ungarn.
Lassen Sie uns hierbei näher auf einen Fall im Zusammenhang mit der Fernmeldesteuer eingehen, die dem Budget in Ungarn jährlich Einnahmen in Höhe von 54 Milliarden HUF (ca. 173 Millionen EUR) sichert:
Nehmen wir an, dass die Fernmeldesteuer bei einem der in Ungarn tätigen Telekommunikationsunternehmen in einem Steuerjahr zusätzliche Kosten von 10 Milliarden HUF (ca. 32 Millionen EUR) verursacht. Die Gesellschaft belastet die Steuern nicht ihren Kunden weiter, auch deshalb nicht, weil sie sonst auf dem Markt nicht mehr wettbewerbsfähig bleiben würde.
Nachdem die Eigentümer kein zusätzliches Kapital bereitstellen möchten, muss das Unternehmen diesen Mehraufwand aus seinem eigenen Cashflow gewährleisten. Daher entscheidet sich das Unternehmen, das Investitionsbudget zur Modernisierung der Fernleitungen um 7 Milliarden HUF (ca. 23 Millionen EUR) zu reduzieren. Das Unternehmen spart weitere 900 Millionen HUF (ca. 3 Millionen EUR) mit der Körperschaftsteuer (9%) und 2,1 Milliarden HUF (ca. 7 Millionen EUR) auf einem anderen Weg ein.
Der Zulieferer der Gesellschaft, der die Fernleitungen ausgebaut hätte, rechnet daher mit einem Umsatzrückgang von 7 Milliarden HUF (ca. 23 Millionen EUR). An diesem Geschäft hätte das Unternehmen einen Gewinn in Höhe von 12,5% erzielt, wonach es 9% Körperschaftsteuer (ca. 80 Millionen HUF – 260.000 EUR) und 10% Gewerbesteuer (ca. 90 Millionen HUF – 290.000 EUR) bezahlt hätte. Außerdem werden keine Mitarbeiter von dieser Gesellschaft eingestellt, die diese Arbeit ausgeführt hätten. Diese Mitarbeiter hätten für das Unternehmen jährlich einen zusätzlichen Personalaufwand von 2 Milliarden HUF (ca. 6 Millionen EUR) bedeutet. Fast die Hälfte (900 Millionen HUF – ca. 3 Millionen EUR) dieser Kosten hätten als Einkommensteuern, Arbeitnehmerbeiträge und als Sozialversicherungsabgaben der Arbeitgeber die Budgeteinnahmen in Ungarn gesteigert.
Der Kabelhersteller, der dem Unternehmen hierfür Kabel im Wert von 4 Milliarden HUF (ca. 13 Millionen EUR) geliefert hätte, erleidet ebenso einen Umsatzrückgang.
Ich verschone uns lieber von dem „Vergnügen” des weiteren Ausrechnens dieser Kettenreaktion. Obwohl es wahrscheinlich ist, dass die auf diese Weise ausbleibenden Steuereinnahmen und die anderen Abgaben nicht die 10 Milliarden HUF (ca. 32 Millionen EUR) erreichen, es muss damit gerechnet werden, dass durch Nichteinzahlen von diesen Steuern und Abgaben das Budget nur um einen Bruchteil der erhofften Sondereinnahmen reicher wird. Noch dazu ist nicht eindeutig festzustellen, wo genau diese Einnahmen fehlen. Es ist nur so viel ersichtlich, dass das Wirtschaftswachstum in Ungarn auch höher ausfallen könnte.
Obwohl der Einzelhandel zurzeit nicht von den Sondersteuern betroffen ist, weil die Regierung in Ungarn vor ein paar Wochen auf deren Wiedereinführung verzichtet hat, sorgt die Einführung von Sondersteuern oder die Angst davor für schlechte Stimmung in Investorenkreisen. Potenzielle Anleger könnten sich wegen der Unberechenbarkeit in Ungarn leicht für eine andere Region entscheiden.