Von der Arbeitgeberseite in Ungarn erfordert es eine besondere Sorgfalt und Umsicht, wenn der Kündigungsgrund das mit dem Arbeitsverhältnis verbundene Verhalten des Arbeitnehmers ist. Eine übereilte Entscheidung, das Ausbleiben der Aufdeckung oder eine nicht vollständige Aufdeckung der Umstände kann in einem eventuellen Arbeitsgerichtsprozess zur Feststellung führen, dass die Auflösung des Arbeitsverhältnisses rechtswidrig war.
Der Kündigungsgrund: deutlich, echt und kausal
Der verhaltensbedingte Kündigungsgrund ist dann deutlich in Ungarn, wenn aus dem Kündigungsschreiben für den Arbeitnehmer eindeutig hervorgeht, welche Pflichtverletzung der Auflösung des Arbeitsverhältnisses zugrunde liegt. Der Kündigungsgrund sollte nicht zu allgemein oder klischeehaft sein. Das Verhalten des Arbeitnehmers, das zur Kündigung führte, sollte genau und detailliert festgehalten werden. Als Kündigungsgrund reicht nicht nur das Berufen auf eine schuldhafte Pflichtverletzung aus, sondern es muss angegeben werden, welche Pflichtverletzung der Arbeitnehmer, wann und wie bzw. wie oft er sie begangen hat. Der Kündigungsgrund kann auch in einem Begriff zusammengefasst werden, dabei muss aber beachtet werden, dass in einem eventuellen Arbeitsgerichtsprozess die Beweislast für die Pflichtverletzungen, die den zusammenfassenden Kündigungsgrund rechtferigten können, beim Arbeitgeber liegt. Beim Kündigungsgrund ist es zu empfehlen, sich auf mehrere Tatbestände und Umstände zu berufen und diese auch detailliert zu erörtern, damit der Arbeitgeber wegen fehlender Begründung in einem eventuellen Arbeitsgerichtsprozess verurteilt wird. Die Rechtsprechung in Ungarn ist in dieser Hinsicht einheitlich, dass bei mehreren Kündigungsgründen die Rechtmäßigkeit auch durch den Beweis eines einzigen Grundes gerechtfertigt werden könnte. Eine weitere Bedingung ist, dass der Kündigungsgrund echt und kausal ist. Die erste Bedingung bedeutet, dass der verhaltensbedingte Kündigungsgrund tatsächlich vorliegt und der Wahrheit entspricht. Bei der letzteren Bedingung muss aus der Kündigung hervorgehen, dass die Arbeit des Arbeitnehmers tatsächlich wegen dem in dem Kündigungsschreiben dargestellten Verhalten nicht benötigt wird, bzw. es nicht zu erwarten war, dass der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis des Arbeitnehmers aufrechterhält.
Der Kündigungsgrund sollte zeitlich aktuell sein
Es ist wichtig zu betonen, dass die als Kündigungsgrund dargelegte Pflichtverletzung zeitlich zur Übergabe der Kündigung passen muss. Es sollte mit großer Sorgfalt vorgegangen werden, wenn der Arbeitgeber in Ungarn das Arbeitsverhältnis des Arbeitnehmers wegen eines längerfristig geduldeten Fehlverhaltens beenden will. Wenn die Rechtsausübung des Arbeitgebers seinem früheren Verhalten widerspricht, und der Arbeitnehmer sich auf dessen Verhalten einstellen konnte, gilt dies ebenfalls als Verstoß gegen den im Arbeitsgesetzbuch festgehaltenen Grundsatz Treu und Glauben. Daher kann z.B. eine wirksame Kündigung nicht darauf begründet sein, dass der Arbeitnehmer stets eine halbe Stunde vor Arbeitsende seine Arbeit niederlegte, wenn der Arbeitgeber dies vorher bereits mehrere Jahre lang duldete.
Beweislast im Arbeitsgerichtsprozess
Die Echtheit und Kausalität des Kündigungsgrundes muss der Arbeitgeber beweisen, bei der Beweislast hierbei gerät der Arbeitgeber oft in Schwierigkeiten. Das Risiko kann aber mit einer entsprechenden Vorbereitung in erheblichem Maße gemindert werden.
1. Schriftliche Abmahnung
Die schriftliche Abmahnung kann ein angemessenes Rechtsinstrument für den Beweis von Pflichtverletzungen sein, die eine wirksame Kündigung begründen und mit angemessener Schwere bzw. Regelmäßigkeit begangen wurden. So kann z.B. eine einmalige Verspätung keinen ausreichenden Grund zur Kündigung liefern. Gleichzeitig kann bei einer regelmäßigen Verspätung des Arbeitnehmers, und wenn er trotz mehrfachen schriftlichen Abmahnungen immer noch nicht in der Lage ist, seine Arbeit zum Arbeitszeitbeginn aufzunehmen, insgesamt eine wirksame Kündigung begründet sein. In Abwägung aller Umstände eines Falles kann bestimmt werden, wie viele schriftliche Abmahnungen in einem eventuellen Arbeitsgerichtsprozess in einem gegebenen Fall angemessen sind, um die Wirksamkeit der Kündigung zu rechtfertigen. Es muss auf das Verbot der Doppelbewertung hingewiesen werden, nachdem der Arbeitgeber wegen des gleichen Arbeitnehmerverhaltens nicht gleichzeitig eine Abmahnung und eine Kündigung aussprechen kann. Dem obigen Beispiel zufolge kann der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer, dem er wegen Verspätung eine schriftliche Abmahnung erteilt, nicht gleichzeitig eine Kündigung aussprechen. Bei einer wiederholten Verspätung des Arbeitnehmers kann jedoch die wegen dem gleichen Pflichtverstoß früher erteilte Abmahnung die Arbeitgeberentscheidung ausreichend belegen.
2. Anhörung des Arbeitnehmers und der von der Pflichtverletzung Betroffenen
Der durch die Kündigung betroffene Arbeitnehmer muss in jedem Fall – beim Begehen der Pflichtverletzung oder ohne Verzögerung, soweit sie ihm bekannt ist – zu allen Umständen des Falles befragt werden und es muss eine Möglichkeit zur Darstellung seiner Gesichtspunkte eingeräumt werden. Dies folgt auch aus der Mitwirkungspflicht zwischen den Parteien. Es ist zu empfehlen, dass das darüber erstellte Protokoll in Anwesenheit von zwei Zeugen vom Arbeitnehmer unterzeichnet wird, und auch wichtig, dass ein Exemplar davon dem Arbeitnehmer ausgehändigt wird. Betrifft die Pflichtverletzung auch andere Arbeitnehmer, sollten sie vom Arbeitgeber auch ohne Verzögerung befragt und ihre Aussagen im Protokoll wie oben beschrieben schriftlich festgehalten werden.
3. Aussage gegen Aussage
Wenn nur die Aussagen des Arbeitgebers und des Arbeitnehmers gegenüberstehen, kann die Kündigungsmitteilung aus Mangel an anderweitigen Beweisen große Rechtsrisiken in Ungarn beinhalten, in einem eventuellen Arbeitsgerichtsprozess die Beweislast vom Arbeitgeber getragen wird. In solchen Fällen lohnt sich eine Verschiebung der Kündigungsmitteilung, um mit dem entsprechenden Dokumentieren der einzelnen Pflichtverletzungen anzufangen, damit in einem eventuellen Arbeitsgerichtsprozess die Kündigung gerechtfertigt werden kann.
Zur Minderung der rechtlichen Risiken in Ungarn ist es hilfreich, bereits vor verhaltensbedingter Kündigung abzuwägen, mit welchen Beweismitteln in einem eventuellen Arbeitsgerichtsprozess die Kündigung gerechtfertigt werden kann.