Wann wird in Ungarn das Einkommen der hierher entsendeten Arbeitnehmer versteuert?
Die einzelnen Steuerabkommen Ungarns regeln die Besteuerung der in Ungarn verdienten Arbeitseinkünfte der im Ausland ansässigen Steuerzahler auf ähnliche Weise. Es gilt vereinfacht die Regel, dass das Einkommen für die in Ungarn verrichtete Arbeit nicht in Ungarn steuerpflichtig ist, wenn beide der folgenden Bedingungen zutreffen:
- der Arbeitnehmer hält sich in dem betreffenden Steuerjahr (oder in den gegebenen 12 Monaten) weniger als 183 Tage in Ungarn auf; und
- die Entlohnung wird nicht von einem ungarischen Arbeitgeber und nicht im Namen des ungarischen Arbeitgebers (und auch nicht zu Lasten der ungarischen Niederlassung) ausbezahlt.
Wenn eine der obigen Bedingungen nicht zutrifft, ist das Arbeitseinkommen in Ungarn steuerpflichtig. Gemäß unseren Erfahrungen bereitet die Überprüfung der 183-Tage-Bedingung unseren Kunden keine Probleme. Was die Prüfung der zweiten Bedingung (der Arbeitgeber darf nicht ungarisch sein) betrifft, mahnt die am 6. November erschienene NAV-Information jedoch zu erhöhter Vorsicht.
Bereits eine frühere, am 31. Oktober 2012 erschienene NAV-Mitteilung2 machte darauf aufmerksam, dass – obwohl bei Entsendungen formal die entsendende Firma der Arbeitgeber ist – gegebenenfalls auch die inländische Empfängerfirma im wirtschaftlichen Sinne als Arbeitgeber betrachtet werden kann. Im Fall eines Arbeitgebers im wirtschaftlichen Sinn aber muss der Arbeitnehmer unabhängig von der Dauer der in Ungarn verbrachten Zeit in Ungarn Steuer bezahlen.
Die neue NAV-Schrift knüpft diesen Gedankengang im Zusammenhang mit den in Rahmen von Leiharbeit nach Ungarn entsendeten Arbeitnehmern weiter.
Wann ist eine Firma „Arbeitgeber im wirtschaftlichen Sinn”?
Um festzustellen, wer als wirtschaftlicher Arbeitgeber gilt, ist primär zu fragen, ob die ungarische Gesellschaft die mit dem Ergebnis der Arbeit des betreffenden Arbeitnehmers verbundenen Haftungen oder Risiken trägt. Wenn ja, müssen folgende weitere Aspekte überprüft werden:
- Wer ist berechtigt, den Arbeitnehmer bezüglich der Art der Arbeitsverrichtung anzuweisen?
- Wer ist berechtigt, den Ort der Arbeitsverrichtung zu kontrollieren, und wer trägt dafür Verantwortung?
- Kann der formalrechtliche Arbeitgeber die Bezüge des Arbeitnehmers direkt auf jene Gesellschaft übertragen, bei der der Arbeitnehmer die Tätigkeit ausübt?
- Wer stellt dem Arbeitnehmer die für die Arbeitsverrichtung notwendigen Mittel und Materialien zur Verfügung
- Wer kann über die Anzahl und Qualifikation der die Arbeit vornehmenden Mitarbeiter entscheiden?
- Wer ist zur Auswahl der die Arbeit verrichtenden Arbeitnehmer sowie zur Kündigung des mit dem Arbeitnehmer zu diesem Zweck abgeschlossenen Vertrags berechtigt?
- Wer ist berechtigt, gegenüber dem Arbeitnehmer arbeitsrechtliche Sanktionen anzuwenden?
- Wer entscheidet über die Vergabe von Urlaub sowie über die Arbeitsordnung?
Nach der Mitteilung des NAV gilt im Fall der Leiharbeit üblicherweise die entleihende inländische Gesellschaft als Arbeitgeber im wirtschaftlichen Sinn, d.h. die für eine Befreiung notwendigen Bedingungen treffen nicht zu und das Arbeitseinkommen wird unabhängig von der Dauer des Aufenthalts in Ungarn hier steuerpflichtig sein. Der Arbeitnehmer muss also in Ungarn eine Steueridentifikationsnummer anfordern, Steuer zahlen und eine Steuererklärung einreichen.
Welche Arbeitnehmer sind betroffen?
Da Entsendungen, die länger als 183 Tage dauern, an sich in Ungarn besteuert werden, sollte die Besteuerung der Arbeitnehmer in den folgenden Fällen überprüft werden:
- ausländische Arbeitnehmer, die im Rahmen eines Arbeitskräfteverleihs beschäftigt wurden und wegen eines weniger als 183 Tage dauernden Aufenthalts in Ungarn hier keine Steuer zahlten;
- die nicht im Rahmen eines Arbeitskräfteverleihs kurzfristig (für weniger als 183 Tage) Entsendeten
Nach der Information des NAV ist die Steuerpflichtigkeit in Ungarn im Falle der hier im Rahmen eines Arbeitskräfteverleihs beschäftigten Arbeitnehmer sehr wahrscheinlich, bei den sonstigen kurzfristig Entsendeten könnte sie aufgrund gründlicherer Analyse festgestellt werden. Da die erste Informationsschrift des NAV im Zusammenhang mit dem Arbeitgeber im wirtschaftlichen Sinn am 31. Oktober 2012 erschienen ist, können steuerlich nachteilige Folgen nur für die nach diesem Zeitpunkt, also ab dem 1. November 2012 begonnenen Entsendungen entstehen.