Der Juli steht vor der Tür. Für die Gesellschaften in Ungarn, die zur Zahlung der Körperschaftsteuer verpflichtet sind, ist dies ein wichtiges Datum, weil die zu entrichtende Körperschaftsteuer auf das Vorjahresergebnis bezüglich des laufenden Jahres als zu bezahlende Steuervorauszahlung beginnt. Welche Logik steckt hinter diesem Verfahren und wie wurde es durch die diesjährige Senkung des Körperschaftsteuersatzes beeinflusst? Ist die Institution der am Jahresende fälligen Ergänzung (Aufstockung) der Vorauszahlungen der Körperschaftsteuer tatsächlich noch erforderlich? In diesem Artikel suche ich die Antworten auf diese Fragen.
Wie wird der Staatshaushalt durch die Körperschaftsteuer finanziert?
Für die Gesellschaften in Ungarn, deren Geschäftsjahr mit dem Kalenderjahr übereinstimmt, ist die Frist zur Einreichung der Körperschaftsteuererklärung der 31. Mai des Folgejahres. Den ursprünglichen Absichten des ungarischen Gesetzgebers zufolge sind die Gesellschaften, deren Körperschaftssteuerpflicht die Höhe von 5 Millionen HUF (ca. 16.000 EUR) übersteigt, verpflichtet, diesen Betrag ab Juli des Folgejahres bis Juni des darauffolgenden Jahres in 12 gleich hohen Raten als Steuervorauszahlung zu entrichten (unter der Steuerbetragshöhe von 5 Millionen HUF (ca. 16.000 EUR) muss dieselbe Steuervorauszahlung 3 Monate später beginnend in 4 Raten gezahlt werden). Die Logik dieser Regelung ist, dass die Gesellschaften mit kontinuierlichen und ausgewogenen Steuervorauszahlungen bis zur Höhe ihrer Vorjahresergebnisse auch im laufenden Geschäftsjahr ihren Beitrag zur Finanzierung des Staatshaushaltes leisten.
In diesem relativ gut bewährten Verfahren hat die Einführung des ab 2017 gültigen neuen, einheitlichen und linearen Körperschaftsteuersatzes in Höhe von 9% für Aufregung in Ungarn gesorgt. Für Gesellschaften, die über eine Körperschaftsteuerbemessungsgrundlage von weniger als 500 Millionen HUF (ca. 1,6 Millionen EUR) verfügen, und daher mit dem begünstigten 10%igen Steuersatz besteuert wurden, war diese Änderung von keiner großen Bedeutung, aber für Unternehmen, die nach ihrer Steuerbemessungsgrundlage von mehr als 500 Millionen HUF (ca. 1,6 Millionen HUF) bisher 19% Körperschaftsteuer entrichteten, konnte diese Gesetzänderung eine beträchtliche Senkung bedeuten. Für die Unternehmen hätte aber das Abführen der Körperschaftsteuer des Vorjahres als Steuervorauszahlung eine signifikante Übererfüllung ihrer voraussichtlichen Steuerverpflichtungen bedeutet. Die Lösung lieferte die Gesetzesänderung mit einer ziemlich komplizierten Übergangsregelung.
Die Körperschaftsteuervorauszahlung sinkt ebenfalls
Leicht verständlich ist hierbei noch, dass die zu entrichtende Steuervorauszahlung für den Zeitraum von Juli 2017 bis Juni 2018, die bereits in der Körperschaftsteuererklärung für 2016 dargestellt werden musste, nicht mit der Steuer des Vorjahres übereinstimmte, sondern mit 9% der Steuerbemessungsgrundlage des Vorjahres. Die Gesellschaften in Ungarn entrichten so in den 12 Monaten in der Höhe Steuervorauszahlungen, die bei unveränderter Höhe der Steuerbemessungsgrundlage als Steuerpflicht entstehen würde. Gleichzeitig musste aber auch irgendetwas mit den höheren Steuervorauszahlungen für das erste Halbjahr 2017 passieren, da die Gesellschaften in Ungarn im ersten Halbjahr 2017 bereits mehr Steuervorauszahlungen geleistet hätten, als sie bei unveränderter Höhe der Steuerbemessungsgrundlage als tatsächliche Steuerlast für die ersten 6 Monate von 2017 gehabt hätten. Zur Abhilfe wurde folgende Übergangsregelung ins Leben gerufen:
„Bei Steuerzahlern mit einem Körperschaftsteuersatz von 19% für 2015 beträgt die Summe der Steuervorauszahlung für das erste Halbjahr 2017 50% der – um 20 Millionen HUF (ca. 64.000 EUR) erhöhten – neun Neunzehntel aus der für 2015 entstandenen Steuerpflicht. Diese Summe wird bis zum 15. Januar 2017 durch Beschluss von der ungarischen NAV bestimmt”.
Die „neun-Neunzehntel-Regel” ist noch zu verstehen, aber in Fachkreisen ist noch niemand darauf gekommen, weshalb der Betrag um 20 Millionen HUF (ca. 64.000 EUR) erhöht werden musste. Die begünstigte 10%ige Steuer, die in Ungarn auf eine Steuerbemessungsgrundlage von weniger als 500 Millionen HUF (ca. 1,6 Millionen HUF) anfällt, hat verständlicherweise dieses „neun-Neunzehntel-Verhältnis“ verzerrt, aber warum dies gerade mit der Hinzurechnung von 20 Millionen HUF (ca. 64.000 EUR) korrigiert wurde, ist meiner Meinung nach nicht logisch zu erklären. In Anbetracht dessen, dass es sich um keine tatsächliche Steuerzahlung, sondern nur um eine Steuervorauszahlung handelt, wäre es vielleicht einfacher gewesen, wenn (auch) die Steuerzahler mit einem Körperschaftsteuersatz in Höhe von 19% ihre Steuervorauszahlungen für das erste Halbjahr 2017 einfach hätten halbieren können.
Welchen Sinn hat die Aufstockung der Körperschaftsteuer zum Jahresende?
Die Steuerpflichtigen, deren Nettoumsatz im Vorjahr mehr als 100 Millionen HUF (ca. 320.000 EUR) betragen hat, müssen bis zum 20. Tag des letzten Monats des laufenden Geschäftsjahres die Höhe ihrer Jahressteuerpflicht einschätzen, und die Differenz zwischen diesem Betrag und den bereits geleisteten Steuervorauszahlungen begleichen.
Wie funktioniert dieses Verfahren?
Neben dem oben erörterten Steuervorauszahlungsverfahren, das schon von vornerein nicht als einfach bezeichnet werden kann, ist die Ergänzung unverständlich, dass bis zum 20. Dezember (bei einem vom Kalenderjahr abweichendem Geschäftsjahr bis zum 20. des letzten Monats des Geschäftsjahres) die Körperschaftsteuerpflicht im Voraus geschätzt werden und die errechnete Differenz unter Berücksichtigung der bereits entrichteten Steuervorauszahlungen abgeführt werden muss. Diejenigen, die diese Zusatzzahlung erfunden haben, können noch nie bei einer Gesellschaft als für das Jahresergebnis zuständiger Mitarbeiter gearbeitet haben!
11 Tage vor dem Bilanzstichtag und 2-3 Monate vor der Erstellung des Jahresabschlusses können selbst Gesellschaften mit den modernsten IT-Systemen noch nicht die Jahresabschlusszahlen für das laufende Jahr vorhersagen. Abgrenzungen zum Jahresende, umsatzabhängige Bonus- und Prämienzahlungen und Konzernverrechnungen beeinflussen die Jahresergebnisse der Gesellschaften vor Steuern und haben somit auch einen erheblichen Effekt auf die Körperschaftsteuerbemessungsgrundlage. Die Erhöhung oder Senkung der Bemessungsgrundlage der Körperschaftsteuer wird von zahlreichen Posten beeinflusst. Selbst die Auflistung dieser Positionen ist Monate vor der Erstellung des Jahresabschlusses nicht einfach.
Falls die Summe der im Laufe des Jahres geleisteten Steuervorauszahlungen und der Aufstockung zum Jahresende weniger beträgt, als 90% der – erst 5 Monate später festzustellenden – tatsächlichen Körperschaftsteuerpflicht des laufenden Jahres, muss eine Versäumnisstrafe in Höhe von 20% des Differenzbetrags entrichtet werden. Das alles nur deshalb, weil die Gesellschaft in Ungarn mehrere Monate vor der Erstellung des Jahresabschlusses noch nicht genau wusste, wie sich ihr von äußeren Faktoren abhängiges Jahresergebnis entwickeln wird. Obendrein ist die Steuerbehörde in Ungarn bei der Feststellung der Versäumnisstrafe unerbittlich. Wird der Aufstockungsbetrag nur ein Tag später überwiesen, weil sich der Unterschriftsberechtigte am Tag davor z.B. nicht in Ungarn aufhielt, wird die Strafe in voller Höhe und ohne Ausnahme verhängt.
Ich hege den Verdacht, dass das Aufrechterhalten dieses Verfahrens nur einem einzigen Ziel dient: zur Vermeidung hoher Versäumnisstrafen leisten die Gesellschaften höhere Steuervorauszahlungen und Aufstockungen als die tatsächliche Körperschaftsteuerpflicht eigentlich erfordert. Dadurch wird der Staatshaushalt ab dem Jahresende für 5 Monate lang zinsfrei finanziert. Bei einem Wirtschaftswachstum von 4% und einem Haushaltsdefizit unter 2% wäre es vielleicht an der Zeit, dieses volkswirtschaftlich ungerechtfertigte Verfahren einzustellen.