Mit Wirkung vom 1. Januar 2020 wurde eine Sonderregel zur Rückerstattung von Umsatzsteuer ins ungarische Umsatzsteuergesetz aufgenommen. In unserem Artikel über das Steueränderungspaket vom Sommer schrieben wir bereits darüber. Schauen wir jetzt, was im Hintergrund der Regel zur Sonderrückerstattung von Steuern steht!
Wesen und Zweck der neuen Regel
Der Regel zur Sonderrückerstattung von Steuern zufolge haben die Steuerpflichtigen die Möglichkeit, spätestens sechs Monate vor der Verjährung bei der Steuerbehörde die Rückerstattung der Vorsteuer zu beantragen, die sie auf andere Weise nicht zurückbekommen.
Die Frist ist eine Ausschlussfrist und der Antrag muss schriftlich eingereicht werden. Im Antrag müssen die Steuerpflichtigen nachweisen, dass sie die Vorsteuer aus einem nicht von ihnen verschuldeten Grund auf andere Weise nicht zurückbekommen können. Die Steuerbehörde genehmigt die Rückerstattung, wenn die Umsatzsteuer an den Haushalt gezahlt wurde.
Der Zweck der Einführung der Sonderrückerstattung von Steuern ist es, sicherzustellen, dass die Steuerpflichtigen dem Grundsatz der Steuerneutralität entsprechend voll und ganz von der Last der Vorsteuer im Zusammenhang mit ihren zum Steuerabzug berechtigenden Lieferungen von Gegenständen und Dienstleistungen befreit werden können. Die zum Steuerabzug berechtigenden Regeln sind dazu gedacht, die Durchsetzung dieses Grundsatzes zu gewährleisten. Es kann jedoch vorkommen, dass eine gegebene Gesellschaft alles Mögliche unternommen hat, um die Vorsteuer zurückzubekommen, dies jedoch nicht gelungen ist.
Wann kann die Regel der Sonderrückerstattung von Steuern angewendet werden?
Die Regel der Sonderrückerstattung von Steuern kann beispielsweise angewendet werden, wenn ein Lieferant gegenüber einer Gesellschaft anstelle der Ausstellung einer Rechnung im Reverse-Charge-Verfahren fälschlicherweise die Umsatzsteuer berechnet und die Gesellschaft diese Umsatzsteuer an den Lieferanten zahlt. Der Rechnungssteller zahlt die berechnete Umsatzsteuer an die Steuerbehörde, während sie von der die Rechnung annehmenden Gesellschaft abgezogen wird. Bei einer späteren Steuerprüfung stellt die Steuerbehörde fest, dass man bei der gegebenen Dienstleistung keine Umsatzsteuer hätte berechnen müssen, so dass die Gesellschaft nicht zu dessen Abzug berechnet war. In der Regel kann dann der Empfänger der Rechnung vom Lieferanten die Erstattung der unberechtigt ausgewiesenen Umsatzsteuer beantragen. Wenn aber der Lieferant inzwischen aufgelöst oder insolvent wurde, wird es unmöglich, die berechnete Umsatzsteuer zurückzubekommen.
Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs
Im Hintergrund der oben vorgestellten Regel steht ein in einer Rechtssache mit ungarischem Bezug vor kurzem gefälltes Urteil des EuGH.
Die ungarische Steuerbehörde hatte bei der PORR Építési Kft. (PORR Bau GmbH) eine Prüfung vorgenommen, in deren Rahmen in der Steuerart Umsatzsteuer ein Steuerfehlbetrag festgestellt wurde. Die Gesellschaft hatte in Verbindung mit Bauarbeiten mehrere Rechnungen angenommen, auf denen der Dienstleister die Umsatzsteuer aufgeführt hatte. Die PORR Kft. zahlte die Rechnungen an die Lieferanten aus, stellte die Vorsteuersummen in Abzug und forderte sie zurück. Die Steuerbehörde stellte jedoch fest, dass die Wirtschaftsvorgänge auf den Rechnungen mit einer Bautätigkeit verbunden sind, weshalb die Rechnungen im Reverse-Charge-Verfahren hätten ausgestellt werden müssen. Dementsprechend stellte sie einen Steuerfehlbetrag fest und verhängte eine Steuerstrafe bzw. einen Verzugszuschlag.
Die ihr gegenüber unrechtmäßig berechnete Umsatzsteuer hätte die PORR Kft. von den Rechnungsstellern zurückfordern müssen, während die Rechnungssteller von der Steuerbehörde die Rückerstattung der von ihnen ohne Rechtsgrundlage gezahlten Umsatzsteuer hätten beantragen müssen. Angesichts der Tatsache jedoch, dass die Lieferanten inzwischen insolvent waren und in einem Konkursverfahren standen, hatte die Gesellschaft keine Möglichkeit, von ihnen die unberechtigt berechnete Umsatzsteuer zurückzufordern. Wenn wir dem Standpunkt der PORR Kft. zufolge akzeptieren würden, dass die Steuerbehörde dem Empfänger der Rechnungen das Recht auf Vorsteuerabzug verweigern kann, ohne dass sie parallel dazu von den Rechnungsstellern fordern würde, das Reverse-Charge-Verfahren anzuwenden und die Rechnungen zu berichtigen, würde der Empfänger der Rechnungen unter eine Doppelbesteuerung fallen.
Die Lösung: Sonderrückerstattung von Steuern
Dem Standpunkt des in der Rechtssache vorgehenden ungarischen Gerichts zufolge muss die Steuerbehörde vor der Verweigerung des Abzugsrechts für die durch die Gesellschaft den Rechnungsstellern irrtümlich gezahlte Umsatzsteuer prüfen, ob die Rechnungssteller die Rechnungen berichtigen und dem Steuerpflichtigen die in diesen Rechnungen aufgeführte Umsatzsteuersumme zurückzahlen können.
Aufgrund der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs verletzt es nicht den Grundsatz der Steuerneutralität und der tatsächlichen Geltendmachung, wenn die Steuerbehörde die Rückerstattung der ohne Rechtsgrundlage gezahlten Umsatzsteuer verweigert, ohne dass sie vorher prüfen würde, ob die Rechnungssteller dem Dienstleistungsempfänger die unberechtigt berechnete Umsatzsteuer zurückerstatten können.
Zugleich fordern die obigen Grundsätze, wenn die Rückerstattung der ohne Rechtsgrundlage berechneten Umsatzsteuer durch den Dienstleister an den Dienstleistungsempfänger unmöglich oder außerordentlich schwer wird (insbesondere bei einer Insolvenz des Verkäufers), dass der Dienstleistungsempfänger die Rückerstattung unmittelbar von der Steuerbehörde fordern kann.
WTS Klient Ungarn hilft ihren Klienten bei der vorausgehenden Beratung zu Fragen der Umsatzsteuer, die anzuwendenden Umsatzsteuerlasten zu bestimmen, selbst in ganz komplexen Geschäften und Situationen. Wenden auch Sie sich vertrauensvoll an unsere Mitarbeiter, wenn Sie in Verbindung mit der Anwendung der Sonderrückerstattung von Steuern oder mit anderen, im nächsten Jahr in Kraft tretenden Umsatzsteueränderungen Fragen haben sollten.