Die Prüfungsmethoden der Steuerbehörde werden mit dem Voranschreiten der Digitalisierung in Ungarn laufend verfeinert. Neben den traditionellen Betriebsprüfungen, die durch das ungarische Gesetz über die Steuerverwaltungsordnung ermöglicht werden, erschienen auch die Unterstützungsverfahren. Die Unterstützungsverfahren werden nicht als Betriebsprüfung angesehen und dienen eher dem Hinweis auf Risiken und ihrer Vermeidung.
Die grundlegenden zwei Arten von Betriebsprüfungen sind die Rechtsbefolgungsprüfung und die Steuerprüfung. Diese werden vom Prüfer unter Zusendung einer schriftlichen Auftragserteilung an den Steuerzahler eingeleitet. Demgegenüber kann das von der ungarischen Steuerbehörde immer häufiger angewendete „Desk-Audit” auch ohne ein Erscheinen vor Ort oder irgendeine Mitwirkung des Steuerzahlers realisiert werden, sie kann also auch „vom Tisch aus vorgenommen werden”. Die Prüfungsmethoden weisen hinsichtlich ihres Zwecks, ihrer Länge, ihrer Komplexität und ihrer Verfahrensordnung bedeutende Unterschiede auf.
Rechtsbefolgungsprüfung
Eine traditionelle Art der Betriebsprüfungen ist die Rechtsbefolgungsprüfung. Die ungarische Steuerbehörde kann dabei prüfen, ob der Steuerzahler in einem bestimmten Zeitraum unter anderem seinen Pflichten zur Erklärungsabgabe, Anmeldung oder Registerführung nachgekommen ist. Sie kann die Echtheit der Wirtschaftsvorgänge prüfen wie auch Daten für die Prüfung der Daten in den Registern und Erklärungen sammeln. Der Zweck der Datensammlung kann auch darin bestehen, dass die Finanzbehörde für ihre weiteren Aktivitäten bei der Betriebsprüfung eine eigene Datenbank zusammenstellt.
Die Rechtsbefolgungsprüfung dauert in Ungarn nach der Zustellung der schriftlichen Auftragserteilung in der Regel 30 Tage. Durch die Rechtsbefolgungsprüfung entsteht kein mit einer Prüfung abgeschlossener Zeitraum, der geprüfte Zeitraum kann also unter Berücksichtigung der Verjährungsfrist auch mittels Selbstrevision berichtigt werden. Die Steuerbehörde fasst das Ergebnis der Prüfung in einem Protokoll zusammen, und die Betriebsprüfung endet mit der Übergabe dieses Protokolls. Trifft die Rechtsbefolgungsprüfung keine Feststellung, schließt die Steuerbehörde die Betriebsprüfung ohne Beschlussfassung ab. Im entgegengesetzten Fall, d. h., wenn die Prüfung die Erfüllung einer Pflicht vorschreibt oder eine Rechtsfolge festlegt, fasst die Steuerbehörde einen Beschluss.
Die Rechtsbefolgungsprüfung dient als Hinweis für den Steuerzahler, dass er die Fehler und Mängel schnellstmöglich beseitigen soll. Allerdings kann die ungarische Steuerbehörde auch eine Steuerprüfung anordnen, wenn bei der Prüfung schwerwiegendere Fehler festgestellt werden.
Steuerprüfung
Die andere traditionelle Art der Betriebsprüfungen, die Steuerprüfung ist auf die Prüfung der Bemessungsgrundlage und der Summe von Steuern oder Haushaltsbeihilfen gerichtet. Die Steuerprüfung ist in Ungarn im Vergleich zur Rechtsbefolgungsprüfung eingehender und umfassender: die Steuerbehörde kann die Erfüllung der Melde- und Erklärungspflicht pro Steuer, Beihilfe und Zeitraum oder auch für einen bestimmten Zeitraum hinsichtlich mehrerer Steuerarten prüfen. Bei der Steuerprüfung kann die Steuerbehörde zahlreiche Dokumente zur Untermauerung (in der Regel Rechnungen, Verträge, Bestellungen, Frachtbriefe) und sonstige Daten oder Erklärungen anfordern. Deshalb sollte man auf ordentliche Register und das Vorhandensein der notwendigen Dokumente achten.
Die Steuerprüfung hat einen mit einer Betriebsprüfung abgeschlossenen Zeitraum zur Folge, d. h. dass die Erklärungen dieses Zeitraums im Grund nicht mehr durch Selbstrevision berichtigt werden können. Es ist wichtig, sich bewusst zu sein, dass die Möglichkeit der Selbstrevision nur bis zur Zustellung der schriftlichen Auftragserteilung besteht. Vor einer anstehenden Steuerprüfung kann es deshalb in Ungarn von Nutzen sein, die Absicht einer Selbstrevision anzumelden, mit deren Einreichung die Steuerbehörde hinsichtlich des Zeitraums der Steuerfestsetzung und der Steuerart laut Anmeldung für eine bestimmte Zeit keine Steuerprüfung beginnen darf.
Die Steuerprüfung wird in der Regel innerhalb von 90 Tagen nach der Zustellung der schriftlichen Auftragserteilung bzw. bei den über die größte Steuerleistung verfügenden Steuerzahlern innerhalb von 120 Tagen abgeschlossen. Bei Steuerprüfungen fasst die ungarische Steuerbehörde unabhängig vom Ergebnis der Betriebsprüfungen einen Beschluss über die Feststellungen.
Desk-Audit
Das sog. Desk-Audit-Verfahren der Finanzbehörde gehört abweichend vom oben Dargelegten in Ungarn nicht zu den im Gesetz über die Steuerverwaltungsordnung detaillierten Betriebsprüfungen. Der Ausdruck Desk-Audit selbst ist im Gesetz nicht definiert. Aufgrund der Information der Steuerbehörde wird das Desk-Audit als ein Unterstützungsverfahren angesehen.
Mit Hilfe der Digitalisierung baut die Steuerbehörde nach und nach ihre Datenbanken und IT-Systeme zur Unterstützung von Betriebsprüfungen aus. Die Online-Übermittlungen von Rechnungsdaten, Bankdatenübermittlungen, länderbezogenen Berichterstattungen und sonstigen Systeme des internationalen Informationsaustauschs helfen allesamt dabei, dass die Steuerbehörde in Echtzeit die Erfüllung der Steuerpflichten prüfen kann.
Im Laufe eines Desk-Audits kontrolliert die Steuerbehörde in Ungarn in erster Linie mit der Prüfung von Dokumenten und Daten die Tätigkeit der Steuerzahler, ohne dass sie ein Betriebsprüfungsverfahren einleiten würde. Die Steuerbehörde analysiert unter Anwendung von Verfahren zur Risikoanalyse alle relevanten Informationen der Wirtschaftstätigkeit der Steuerzahler und zeigt mögliche, auf eine Steuervermeidung hinweisende Verhaltensweisen auf, muss aber den betreffenden Steuerzahler nicht unbedingt einbeziehen.
Mit Hilfe des Desk-Audits können aufgrund der Abweichungen zwischen den online übermittelten Rechnungsdaten und Erklärungen Probleme aufgedeckt werden, die auf einen Irrtum bzw. ein administratives Versäumnis zurückgeführt werden können. Aufgrund der Analysen signalisieren die Prüfer den Steuerzahlern – je nachdem per Telefon oder E-Mail – die Abweichungen, während die Steuerzahler ihre ausstehenden Pflichten ohne traditionelle Betriebsprüfungen freiwillig nachholen können.
Das Desk-Audit kann auch bei den Steuerrückforderungen erscheinen. Wenn die Daten übereinstimmen, weist die Steuerbehörde die geforderte Geldsumme zu, doch kann sie, sollte das entdeckte Risiko zu hoch sein, eine Betriebsprüfung anordnen. Sollte die Steuerbehörde bei den die Rechnungen ausstellenden Partnern Risiken entdecken, kann sie auch dort ein Unterstützungsverfahren oder eine Betriebsprüfung einleiten.
Das Desk-Audit ist also in der ungarischen Praxis ein in der Regel schnell und ohne bedeutendere Administration ablaufendes Unterstützungsverfahren, das bei den Steuerzahlern die mit einer laufenden Betriebsprüfung verbundenen Lasten reduzieren kann.
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