18.07.2017

Rechtsmittel in der Steuerverwaltung

Rechtsmittel in der SteuerverwaltungSelbst bei vorsichtigster Vorgehensweise der Steuerzahler und der Anwendung der Mittel, die durch das Gesetz über die Abgabenordnung bereitgestellt werden  (z.B. Selbstrevision, Unterstützungsverfahren), können im Zusammenhang mit dem Verfahren der ungarischen Steuerbehörde (NAV) Rechtsstreitigkeiten entstehen. Gegen die beanstandeten Verfahren und Entscheidungen sind die Steuerzahler in Ungarn jedoch nicht wehrlos. Es stehen zahlreiche Rechtsmittel (Einspruch, Aufsichtsverfahren, Gerichtsverfahren) zur Verfügung, mit dessen grundsätzlichsten und im Normalfall gültigen Regelungen sich unser Artikel beschäftigt.

Der Einspruch

Als primäres Rechtsmittel kann der Einspruch wahrgenommen werden. Der Einspruch gegen die Entscheidung der Komitatsbehörde der NAV muss an die zweite Instanz (Oberbehörde der NAV – „NAV Fellebbviteli Igazgatóság“) adressiert, aber bei der NAV eingereicht werden, die den erstinstanzlichen Beschluss gefällt hat. Die Einspruchsfrist in Ungarn beträgt grundsätzlich 15 Tage nach Zustellung des erstinstanzlichen Beschlusses (bei nachträglicher Steuerfestsetzung 30 Tage). Im Regelfall ist der Einspruch die Voraussetzung für ein Gerichtsverfahren, d.h. der Weg zum Gericht ist nur dann geebnet, wenn gegen den beanstandeten Beschluss der NAV Einspruch erhoben wurde. Im Einspruchsschreiben sollte dargelegt werden, aus welchem Grund und wie weit man mit der Stellungnahme des Finanzamtes nicht einverstanden ist. Die ungarische Oberbehörde überprüft den Beschluss und das vorhergehende Verfahren, wogegen Einspruch erhoben wurde. Hierbei wird jedoch nicht berücksichtigt, von wem und warum Einspruch erhoben wurde. Vor Einlegung des Einspruchs ist es aber gut zu wissen, dass die Einspruchserhebung in Ungarn gebührenpflichtig ist (die Höhe kann von 5.000 bis zu 500.000 HUF – von ca. 16 bis ca. 1.600 EUR – betragen), bzw. dass für den Einspruchsteller der Einspruch ein nachteiligeres Urteil als den erstinstanzlichen Beschluss zur Folge haben könnte.

Das Aufsichtsverfahren

Gegen den rechtskräftigen Beschluss kann in Ungarn an das übergeordnete Finanzamt ein Antrag auf ein Aufsichtsverfahren gestellt werden (bei der Oberbehörde der NAV gilt die Zentralleitung der NAV – „NAV Központi Irányítás” als übergeordnetes Amt), aber auch von Amts wegen kann ein Aufsichtsverfahren eingeleitet werden. Das Aufsichtsverfahren ist im Wesentlichen nicht an einen Termin gebunden und kann innerhalb der Verjährungsfrist jederzeit erfolgen. Die Einreichung einer Klage schließt die Antragstellung auf ein Aufsichtsverfahren nicht aus, die Inanspruchnahme der zwei Rechtsmittel kann auch gleichzeitig erfolgen. Obwohl das übergeordnete Finanzamt bei Einleitung des Gerichtsverfahrens durch den Steuerzahler den Antrag auf ein Aufsichtsverfahren grundsätzlich ohne Überprüfung ablehnen kann, erfolgt in Ungarn in der Regel aufgrund des Gewohnheitsrechts keine Ablehnung des Antrags. Die Gebühr des Aufsichtsverfahrens ist identisch mit der des Einspruchs. Ein wichtiger Unterschied im Vergleich zu den Regelungen des Einspruchs ist, dass kein Beschluss gefasst werden kann, bei dem als Folge des Antrags auf ein Aufsichtsverfahren die Steuerverpflichtung für den ungarischen Steuerzahler höher ausfällt. Sollte eine Verschlechterung des Beschlusses erfolgen, dann wird der rechtswidrige Beschluss für nichtig erklärt und die Einleitung eines neuen Verfahrens veranlasst, bei dem alle möglichen Rechtsmittel erneut zur Verfügung stehen.

Das Gerichtsverfahren

Die an das Gericht adressierte Klage ist ein garantiebehaftetes Rechtsmittel, das den rechtschaffenen und rechtmäßigen Betrieb der Steuerverwaltung sichert. Die Klageschrift kann in Ungarn innerhalb von 30 Tagen nach der zweitinstanzlichen Beschlusszustellung (nach Eintreten der Rechtskraft) mit der Begründung einer Gesetzwidrigkeit beim erstinstanzlichen Finanzamt eingereicht werden. In der Klageschrift kann gleichzeitig auch das Aussetzen der Vollstreckung des steuerbehördlichen Beschlusses beantragt werden. Bei der Gerichtsklage ist das Gericht in Ungarn an den Antrag gebunden, so kann keine Verschlechterung des Beschlusses des Finanzamtes erfolgen, bei Prozessverlust werden aber Gebühren und andere Prozesskosten erhoben. Obwohl ein Gerichtsverfahren langwierig und mühselig ist, und die Quote für einen Prozessgewinn für die NAV überragend gut ist, empfiehlt es sich trotzdem immer, in den neuen und ungewöhnlichen Steuerfragen die Einleitung eines Gerichtsverfahrens gut zu überlegen.

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