10.08.2021

Firmensitz, Betriebstätte, Zweigniederlassung, Ort der Dokumentenverwahrung, operativer Geschäftssitz

Verschärfte Vorschriften zum Firmensitzservice in Ungarn seit 10. Juni 2021

Firmensitz

Firmensitz, Betriebstätte, Zweigniederlassung, Ort der Dokumentenverwahrung, operative Geschäftssitz – Begriffe, die im Leben fast aller Unternehmen vorkommen und deren Bedeutung sich jeder bewusst ist. Oder doch nicht? Diese häufig verwendeten Ausdrücke sind zum Bestandteil des täglichen Lebens der Unternehmen geworden, trotzdem ist es notwendig, sie zu präzisieren und die mit ihnen verbundenen Meldepflichten – sofern es welche gibt – zu erwähnen. Im Zusammenhang damit aber ist auch hervorzuheben, dass als ein Element des Steueränderungspakets vom Frühjahr seit dem 10. Juni 2021 die ungarischen Vorschriften im Zusammenhang mit dem Firmensitzservice verschärft wurden.

Firmensitz

Die Begriffe Firmensitz, Betriebstätte und Zweigniederlassung definiert § 7 des Gesetzes Nr. V von 2006 über die Firmenpublizität, das handelsgerichtliche Verfahren und die Liquidation (Firmengesetz).

Der Firmensitz ist die eingetragene Geschäftsstelle der Firma. Die eingetragene Geschäftsstelle ist die Korrespondenzanschrift der Firma, jener Ort, an dem die Übernahme, Eingangsregistrierung, Aufbewahrung bzw. Bereithaltung der Geschäftsunterlagen und amtlichen Dokumente der Firma sowie die Erfüllung der in einer gesonderten Rechtsnorm festgelegten, mit dem Sitz verbundenen Pflichten erfolgt. Um den Firmensitz zu kennzeichnen, muss die Firma in Ungarn ein Firmenschild anbringen oder die Firma zumindest auf dem Briefkasten aufführen. Vom Gesichtspunkt des handelsgerichtlichen Verfahrens wird als Firmensitz auch die ungarische Zweigniederlassung eines ausländischen Unternehmens, die direkte Handelsrepräsentanz von Ausländern sowie die Betriebstätte einer Europäischen Wirtschaftlichen Interessenvereinigung angesehen.

Allgemein gilt, dass die Firma im Gründungsdokument als Firmensitz – genauso wie als Betriebstätte oder Zweigniederlassung – nur eine Immobilie angeben darf, die entweder ihr Eigentum ist oder zu deren Nutzung sie aufgrund einer Vereinbarung berechtigt ist. Eine solche Vereinbarung kann beispielsweise ein Mietvertrag oder Firmensitzservice-Vertrag sein.

Firmensitzservice

Nach dem Gesetz über die Steuerverfahrensordnung muss die Inanspruchnahme eines Firmensitzservices der Nationalen Steuer- und Zollbehörde (NAV) gemeldet werden, wenn das Rechtsverhältnis zum Firmensitzservice nach dem 1. Januar 2017 zustande gekommen ist oder nach diesem Zeitpunkt geändert wurde.

Die Einzelunternehmer müssen die Meldung der Inanspruchnahme eines Firmensitzservices gleichzeitig mit der Anmeldung bei der Finanzbehörde schriftlich tätigen. Die sich über das Handelsgericht anmeldenden Steuerzahler müssen die Inanspruchnahme des Firmensitzservices innerhalb von 15 Tagen nach dem Tag der Anmeldung auch direkt schriftlich bei der ungarischen Finanzbehörde melden. Die Anmeldung bzw. Änderungsmeldung kann auf den Datenblättern ’T101E bzw. ’T201T erfolgen. Bei der Inanspruchnahme eines Firmensitzservices muss der Name, der Firmensitz und die Steuernummer des Anbieters des Firmensitzservices bzw. der Zeitpunkt der Entstehung und – bei einem befristeten Rechtsverhältnis – der Beendigung dieses Rechtsverhältnisses angemeldet werden.

Aufgrund der geltenden Bestimmungen des Gesetzes Nr. LIII von 2017 über die Vorbeugung und Verhinderung von Geldwäsche und der Terrorismusfinanzierung darf die Firmensitzservicetätigkeit ausschließlich von den beim bestimmten Aufsichtsorgan angemeldeten Personen betrieben werden.

Die seit dem 10. Juni 2021 gültige Änderung hält als Rechtsfolge in Verbindung mit der Anmeldung eines im Register des Aufsichtsorgans nicht geführten Anbieters eines Firmensitzservices fest, dass, wenn trotz Aufforderung der Finanzbehörde vom Steuerzahler kein anderer, geeigneter Firmensitz angemeldet wird oder die Anmeldung zur Inanspruchnahme eines Firmensitzservices nicht widerrufen wird, die Steuernummer des Steuerzahlers gelöscht wird.

Schauen wir uns die Details der obigen Vorschrift an! Wenn ein Steuerzahler in Ungarn einen im Register des Aufsichtsorgans nicht geführten Anbieter eines Firmensitzservices anmeldet, fordert die Finanzbehörde den Steuerzahler auf, einen anderen, geeigneten Firmensitz anzumelden oder seine Anmeldung zur Inanspruchnahme eines Firmensitzservices zu widerrufen. Die Änderung gewährt deshalb eine solche Möglichkeit, weil die Steuerzahler in einem erheblichen Teil der Fälle keinen den Regeln entsprechenden Firmensitzservice-Vertrag anmelden, sondern einen einfachen Immobilienmietvertrag. In diesem Fall wiederum ist es nicht erforderlich, den Steuerzahler zu verpflichten, einen anderen, geeigneten Firmensitz anzumelden, es muss einfach nur die Anmeldung des falschen Firmensitzservices widerrufen werden (in einer Frist von 15 Tagen). Kommt der Steuerzahler der Aufforderung nicht nach, wird seine Steuernummer gelöscht.

Eine Löschung der Steuernummer ist nicht zulässig, wenn der Steuerzahler den gesetzlichen Zustand wiederhergestellt hat, bevor der Beschluss über die Löschung der Steuernummer endgültig wird.

Betriebstätte

Aufgrund des Firmengesetzes ist die Betriebstätte der Firma der im Gründungsdokument der Firma festgehaltene Ort zur Ausübung der Tätigkeit, der mit einer dauerhaften, verselbständigten geschäftlichen (betrieblichen) Ansiedlung einhergeht, der an anderer Stelle als der Firmensitz, doch in derselben Stadt oder Gemeinde zu finden ist. Wenn die Firma über eine Betriebstätte oder Zweigniederlassung verfügt, so ist diese im Handelsregister aufzuführen.

In der Praxis wird also jeder Ort, an dem eine Gesellschaft außerhalb des Firmensitzes eine Geschäftstätigkeit betreibt, als Betriebstätte angesehen.

Zweigniederlassung

Die Zweigniederlassung der Firma ist eine Betriebstätte, die in einer anderen Stadt oder Gemeinde oder (bei einer im Ausland befindlichen Zweigniederlassung einer ungarischen Firma) eventuell in einem anderen Land liegt als der Firmensitz.

Ort der Dokumentenverwahrung

Der Ort der Dokumentenverwahrung ist der Ort, an dem die vom Gesichtspunkt der Erfüllung der Steuerpflicht wichtigen Dokumente, Register, Anmeldungen, Buchungs- und Steuerbelege vom Unternehmer gelagert und aufbewahrt werden. Diesen Ort oder diese Orte muss das Unternehmen der Steuerbehörde anmelden, was mit dem Datenblatt ’T201T oder ’T201 möglich ist. Es ist wichtig zu erwähnen, dass als Ort der Dokumentenverwahrung kein Postfach angegeben werden darf.

Wenn das Unternehmen laut Umsatzsteuergesetz die als elektronische Rechnung angesehenen Belege, Bücher und Register unter Gewährung eines Online-Zugangs elektronisch aufbewahrt, muss das der Steuerbehörde ebenfalls auf dem Datenblatt ’T201T oder ’T201 gemeldet werden.

Die Dokumente dürfen ausschließlich für die Dauer der Buchhaltung und Datenverarbeitung an einem anderen Ort lagern bzw. an einen anderen Ort gebracht werden, doch müssen sie im Falle einer Steuerprüfung bei Aufforderung der Steuerbehörde innerhalb von drei Arbeitstagen vorgelegt werden.

Operativer Geschäftssitz

Der operative Geschäftssitz ist der Ort, an dem sich die mit dem Leben und dem Betrieb des Unternehmens verbundene Sachbearbeitung, Geschäftsleitung und Entscheidungsfindung im Wesentlichen abspielt.

Laut Körperschaftsteuergesetz ist der operative Geschäftssitz der Ort, an dem sich die Geschäftsführung für die Leitung eingerichtet hat.

Das Gründungsdokument der Firma kann auch verfügen, dass der Sitz der Firma zugleich der operative Geschäftssitz (der Ort der Entscheidungsfindung) ist. Ist der Firmensitz nicht mit dem operativen Geschäftssitz identisch, muss der operative Geschäftssitz im Gründungsdokument aufgeführt und die Eintragung des operativen Geschäftssitzes im Handelsregister beantragt werden. Die Übertragung des operativen Geschäftssitzes ins Ausland ist der Steuerbehörde auf dem Datenblatt ’T201T oder ’T201 anzumelden.

Heutzutage kommt es immer häufiger vor, dass ein ausländisches Unternehmen im Falle ihres ungarischen Tochterunternehmens den operativen Geschäftssitz ins Ausland verlegt, wo die mit dem Leben und dem Betrieb des Unternehmens verbundene Entscheidungsfindung tatsächlich erfolgt. Diese Entscheidungen haben jedoch auch einen Körperschaftsteuerbezug, weshalb in solchen Fällen ein Steuerberater aufgesucht werden sollte, um dem Unternehmen bei den erforderlichen Schritten und der Minimierung des Steuerrisikos zu helfen.

Zwar verfügen die Unternehmen in einfacheren Fällen über keine Zweigniederlassung und stimmt ihr operativer Geschäftssitz bzw. der Ort der Dokumentenverwahrung mit ihrem Firmensitz überein, doch sind sie in der Praxis und in den meisten Fällen häufig voneinander getrennt. Die verschiedenen Anschriften des Unternehmens müssen den Behörden in jedem Fall angemeldet und auch vom steuerlichen Aspekt berücksichtigt werden. Wenn Sie in Verbindung mit dem Firmensitz, Firmensitzservice bzw. verschiedenen Betriebstätten oder Zweigniederlassungen Fragen zur Rechnungslegung haben sollten, steht WTS Klient Ungarn ihren Mandanten gern zur Verfügung!

Kontaktieren Sie uns!

Sie haben Fragen zu WTS Klient Ungarn oder zu unseren Inhalten? Lassen Sie es uns wissen und füllen Sie unser kurzes Kontaktformular aus. Wir werden uns so schnell wie möglich bei Ihnen melden.