19.10.2021

Entstehung einer Betriebstätte wegen erbrachter Leistungen in Ungarn

Worauf muss ein ausländisches Unternehmen achten?

Betriebstätte wegen erbrachter Leistungen

Hinsichtlich der Körperschaftsteuer wurden ab 1. Januar 2021 die Regeln der Entstehung einer Betriebstätte in Ungarn allgemein verschärft. Die Ausweitung der Definition der Betriebstätte durch die ungarischen Rechtsnormen bedeutet jedoch bezüglich der Betriebstätte wegen erbrachter Leistungen nicht für jedes Unternehmen automatisch eine Pflicht zur Zahlung von Körperschaftsteuer in Ungarn und einen damit verbundenen zusätzlichen Verwaltungsaufwand. Um zu beantworten, welche Unternehmen die Verschärfungen am ehesten beachten müssen, ist eine gemeinsame Betrachtung der ungarischen Rechtsnormen und der geltenden Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung erforderlich.

Bestimmung der Betriebstätte wegen erbrachter Leistungen

Aufgrund der ungarischen Definition der Betriebstätte wegen erbrachter Leistungen könnte man erst einmal daran denken, dass die körperschaftsteuerliche Betriebstätte ein ständiges Geschäftsobjekt, eine Anlage oder eine Ausrüstung ist, in dem und/oder mit welcher der Steuerzahler zum Teil oder vollständig eine unternehmerische Tätigkeit betreibt.

Den geänderten Rechtsnormen zufolge kann ab 2021 jedoch auch bei den ausländischen Dienstleistern eine körperschaftsteuerliche Betriebstätte entstehen, die ihre Tätigkeit auf dem Gebiet Ungarns mangels eines physisch gut abgegrenzten Ortes nur durch ihre Mitarbeiter oder die mit ihnen in einem anderen Rechtsverhältnis stehenden natürlichen Personen entfaltet.

Zur Entstehung einer Betriebstätte wegen erbrachter Leistungen stellt es im ungarischen Recht jedoch eine weitere grundlegende Bedingung dar, dass die Dauer der auf dem Gebiet Ungarns erbrachten Dienstleistungsgewährung zusammenhängend oder mit Unterbrechungen in einem beliebigen Zeitraum von 12 Monaten über 183 Tagen liegen muss. Bei der Berechnung der Dauer der Dienstleistung sind außerdem die zusammenhängenden und verbundenen Dienstleistungen insgesamt zu berücksichtigen.

Ungarische Definition und internationale Abkommen

Wenn in Fragen der Steuerzahlung, die im Zusammenhang mit internationalen Geschäften auftreten, bei der Bestimmung der Steuerzahlungspflicht zwei Länder betroffen sind, müssen immer die geltenden bilateralen Steuerabkommen geprüft werden. Bei der Prüfung wiederum ist immer das Prinzip des Vorrangs der internationalen Abkommen zugrunde zu legen.

Wie wir das in einem früheren Artikel behandelt hatten, steht die ungarische Definition der körperschaftsteuerlichen Betriebstätte grundlegend im Einklang mit der Definition des OECD-Modellabkommens. Zugleich zeigt sich in mehreren Fällen im Vergleich zum Modellabkommen eine Abweichung in den durch die Vertragsstaaten unterzeichneten und angenommenen Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung.

Im dem Falle, dass es zwischen zwei Staaten ein geltendes Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung gibt, ist es wichtig klarzustellen, dass eine Betriebstätte wegen erbrachter Leistungen in Ungarn nur entstehen kann, wenn auch das mit dem Staat laut der Ansässigkeit des Dienstleistungserbringers geschlossene Abkommen über diese Möglichkeit verfügt.

Bei den mit Ungarn geschlossenen geltenden Abkommen beinhaltet aber nur ein enger Kreis, dass hinsichtlich der Dienstleistungsgewährung eine Betriebstätte entstehen kann. Neben den mit weiter entfernten Ländern geschlossenen und als verhältnismäßig aktuell zu bezeichnenden Abkommen (wie beispielsweise die mit den Vereinigten Arabischen Emiraten, Katar oder Saudi-Arabien geschlossenen Abkommen) gibt es kaum mit zu Ungarn geografisch näher gelegenen Staaten geschlossene und bereits seit langem geltende Abkommen (z. B. Slowakei, Tschechien), in denen wir eine solche Bestimmung finden können.

Im Gegensatz zur ungarischen Definition der Betriebstätte kann es außerdem vorkommen, dass einem internationalen Abkommen zufolge nicht erst eine Dienstleistungstätigkeit von 183 Tagen, sondern bereits eine von kürzerer Dauer (z. B. bei Indonesien oder Armenien vier bzw. drei Monate) eine Betriebstätte entstehen lässt.

Bei Staaten wiederum, mit denen es kein geltendes Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung gibt, ist die Definition des ungarischen Körperschaftsteuergesetzes maßgebend; in diesen Fällen kann eine Dienstleistungsgewährung von mehr als 183 Tagen eine körperschaftsteuerliche Betriebstätte entstehen lassen.

Administrative Pflichten und sonstige Steuerarten

In Verbindung mit der Betriebstätte wegen erbrachter Leistungen kann in Ungarn eine Registrierungspflicht bzw. eine Pflicht zur Erklärung und Zahlung von Körperschaftsteuer entstehen. Es kommt häufig vor, dass der Dienstleistungserbringer und der Dienstleistungsempfänger verbundene Unternehmen sind. In diesem Fall ist gesondert zu prüfen, ob eine den ungarischen Regeln entsprechende Verpflichtung zur Verrechnungspreisdokumentation entsteht. Die Untermauerung der Konformität mit den Verrechnungspreisrichtlinien kann insbesondere bei der Einpreisung der grenzübergreifenden Managementleistungen eine Herausforderung darstellen.

In den ungarischen Rechtsnormen können wir unter anderem angefangen vom Firmengesetz über das Kommunalsteuergesetz bis hin zum Umsatzsteuergesetz eine abweichende Definition der Betriebstätte finden, so dass die Möglichkeit der Entstehung der Betriebstätte in jedem Fall hinsichtlich der unterschiedlichen Steuerarten eine gesonderte Prüfung erfordert.

Beispiele aus der Praxis

Hinsichtlich der Dienstleistungskonstruktionen mit mehreren Akteuren ist es nicht in jedem Fall einfach festzustellen, bei welchem Unternehmen das Risiko einer Betriebstätte wegen erbrachter Leistungen und damit verbundene administrative Pflichten entstehen können. Um das zu verstehen, schauen wir uns das folgende kurze Beispiel an.

Ein in Deutschland ansässiges Mutterunternehmen beauftragt eine unabhängige slowakische Gesellschaft damit, seinem ungarischen Tochterunternehmen ortsgebundene Beratungsleistungen (oder gegebenenfalls Managementleistungen) zu gewähren. Als Frage wird aufgeworfen, ob für die deutsche, für die slowakische oder vielleicht für beide Gesellschaften eine Betriebstätte in Ungarn entstehen kann.

In der Konstruktion erbringt die slowakische Gesellschaft die Dienstleistung mit ihren eigenen Mitarbeitern für das deutsche Unternehmen als Auftraggeber, das diese an das ungarische Tochterunternehmen vermittelt. Dauern die in Ungarn verrichteten Tätigkeiten in einem Zeitraum von 12 Monaten insgesamt wenigstens sechs Monate lang, entsteht aufgrund des mit der Slowakei geschlossenen Abkommens für die slowakische Gesellschaft eine körperschaftsteuerliche Betriebstätte in Ungarn. Gleichzeitig kann bei der deutschen Gesellschaft dieses Risiko nicht entstehen, da die Dienstleistungsgewährung nicht mit ihrem Personal oder über eine mit ihr in einem anderen Rechtsverhältnis stehende natürliche Person erfolgt.

Wenn die deutsche Gesellschaft dieselbe Dienstleistung unter Beauftragung einer slowakischen Privatperson erbringt, entsteht aufgrund der Bestimmungen des mit Deutschland geschlossenen Abkommens bei der deutschen Gesellschaft ebenfalls kein Risiko einer Betriebstätte wegen erbrachter Leistungen in Ungarn (dennoch können Fragen bezüglich Einkommensteuer und der Arbeitgeberregistrierung auftreten).

Das Risiko des Entstehens einer Betriebstätte wegen erbrachter Leistungen hängt also in jedem Fall von der Art der Dienstleistungstätigkeit bzw. deren Umstände wie auch von den abweichenden Vorschriften der verschiedenen Abkommen und örtlichen Rechtsnormen ab. Aus diesen Gründen muss zur Vermeidung von Besteuerungsrisiken beim Abschluss eines Vertrags für eine grenzübergreifende Dienstleistung umsichtig vorgegangen werden.

Wenn Sie bei der steuerlichen Beurteilung der komplexen grenzübergreifenden Dienstleistungskonstruktionen, bei der Abschätzung des Risikos einer Betriebstätte wegen erbrachter Leistungen oder gegebenenfalls bei dem mit den Betriebstätten verbundenen gesamten Verwaltungsbedarf Unterstützung brauchen, können Sie sicher auf unsere Kollegen zählen. Das Steuerberater-Team von WTS Klient Ungarn verfügt auf dem Gebiet der Besteuerung verschiedener internationaler Geschäfte über ein bedeutendes Fachwissen. Suchen Sie uns vertrauensvoll auf!

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