25.05.2017

Körperschaftsteuerliche Betriebstätte (permanent establishment) im Lichte der BEPS-Regelungen

Ausländische Gesellschaften, die ihre Tätigkeit in Ungarn aufnehmen, aber noch keine ungarische Gesellschaft gründen wollen, wenden sich im Allgemeinen mit zwei Fragen an uns. Eine der Fragen ist, ob ihre Tätigkeit aus der Sicht der Ertragsteuer eine Betriebsstätte in Ungarn entstehen lässt (körperschaftsteuerliche Betriebsstätte). Die andere Frage bezieht sich darauf, wie sich der BEPS-Aktionsplan der OECD und das Maßnahmenpaket der EU zur Bekämpfung von Steuervermeidung in der Praxis in Ungarn durchsetzen werden.

Körperschaftsteuerliche Betriebsstätte – die ungarische Definition 

In unserem früheren Artikel haben wir die Definition der umsatzsteuerlichen festen Niederlassung bereits erörtert und uns dabei auch damit befasst, was das Entstehen der umsatzsteuerlichen festen Niederlassung mit sich trägt. Die Definition des ungarischen Körperschaftsteuergesetzes unterscheidet sich von der Definition der umsatzsteuerlichen festen Niederlassung. Demnach ist die Betriebsstätte eine ständige Geschäftsanlage, Einrichtung und Ausstattung, wo und/oder womit der Steuerzahler teilweise oder ganz eine Wirtschaftstätigkeit ausübt, unabhängig davon, unter  welchem Rechtsgrund sie vom Steuerzahler genutzt wird. Im Vergleich mit dem OECD-Musterkommentar ist ersichtlich, dass die ungarische Definition und Darlegung mit der Definition des Musterkommentars im Einklang ist und die ungarische Regelung auch die zusätzlichen Tätigkeiten aufzählt, die keine Betriebsstätte entstehen lassen.

Ob eine körperschaftsteuerliche Betriebsstätte entsteht, hängt natürlich auch davon ab, welche Tätigkeit von der ausländischen Gesellschaft in Ungarn ausgeübt wird. Es ist in erster Linie keine Steuerfrage, aber auch wichtig zu untersuchen, ob die Art der Tätigkeit nach den Gesetzesregelungen über die Niederlassung von Ausländern in Ungarn die Gründung einer Gesellschaft oder wenigstens einer Niederlassung erforderlich macht. In den meisten Fällen tauchen Fragen hinsichtlich der ständigen Betriebsstätte im Zusammenhang mit Tätigkeiten in der Bauindustrie, Vertreter-/Maklertätigkeiten, Lagerungstätigkeiten und den daraus resultierenden Produktvertrieb auf. Im Fall eines Baus lässt nach der ungarischen Regelung schon ein Zeitraum von 3 Monaten eine Betriebsstätte entstehen. Die Tätigkeit von Vertretern lässt eine Betriebsstätte entstehen, wenn sie im Namen der ausländischen Gesellschaft in Ungarn Verträge abschließen dürfen. Zugleich gilt z.B. ein Lager nicht als Betriebsstätte, wenn man hierbei sagen kann, dass es ausschließlich für Vorbereitungs- und Hilfstätigkeiten aufrechterhalten wird.

EU- und OECD-Initiativen

Die Regelungen der internationalen Abkommen haben Vorrang gegenüber den nationalen Regelungen in Ungarn. So kann z.B. aufgrund des gültigen Abkommens zur Vermeidung der Doppelbesteuerung eine deutsche Gesellschaft sogar 11 Monate lang Bau- und Montagetätigkeiten in Ungarn ausüben. Das gilt allerdings auch umgekehrt, eine ungarische Baugesellschaft muss für ihre 11 Monate andauernde deutsche Bauarbeit auch keine Ertragsteuer in Deutschland abführen. Die EU-Empfehlungen ermutigen die EU-Mitgliedstaaten, ihre bisherigen

Betriebsstätten-Definitionen im Einklang mit der BEPS-Initiative zu überprüfen. Ziel der Empfehlung ist, solche Situationen handhaben zu können, in denen bestimmte Gesellschaften die Schwächen der Definitionen diesbezüglich ausnutzen, damit im Staat der Tätigkeitsausübung die Registrierung der körperschaftsteuerlichen Betriebsstätte umgangen wird.

Die OECD hat 2016 im Maßnahmenkatalog ihres BEPS-Aktionsplans im Aktionspunkt 7 eine Richtlinie zur Einigung ausgearbeitet (Public Discussion Draft – Additional Guidance on the Attribution of Profits to Permanent Establishments 4 July – 5 September 2016). Das 40-seitige Dokument zeigt vor allem im Hinblick auf abhängige Vertreter und Warenlager durch Beispiele die strengere Haltung der OECD. Wenn die neuen Regelungen in der Praxis angewendet werden müssen, werden die Verwaltungslasten für global tätige Unternehmen mit großer Wahrscheinlichkeit steigen, gleichzeitig wird es nicht einfach sein, zu bestimmen, in welchem Verhältnis der beim jeweiligen Geschäft erwirtschaftete Ertrag als Steuerbemessungsgrundlage zwischen der Muttergesellschaft und der Niederlassung aufgeteilt werden kann. Auf ungarischer Seite ist es momentan noch nicht ersichtlich, auf welche Weise die vorher aufgeführten Initiativen in die Praxis umgesetzt werden.

Was bringt eine körperschaftsteuerliche Betriebsstätte in Ungarn mit sich?

Vor allem mehr Verwaltung. Wenn wir geklärt haben, dass eine Betriebsstätte in Ungarn entstanden ist, müssen wir bei der ungarischen Steuerbehörde (NAV) die ständige Betriebsstätte anmelden und eine Steuernummer beantragen. Wenn in einem Fall der bereits früher vorhandenen ungarischen Umsatzsteuerregistrierung die Registrierung nun aus körperschaftsteuerlichem Aspekt notwendig wird, muss diese Änderung angemeldet werden, aber die ausländische Gesellschaft bekommt keine neue, nur für die Körperschaftsteuer anwendbare Steuernummer. Die Registrierung der ständigen Betriebsstätte bringt auch eine Abgabepflicht von Steuererklärungen mit sich. Die Unterlassung der Anmeldung kann eine Versäumnisstrafe hervorrufen. Im Regelfall kann die Höhe der Strafe bis zu 500.000 HUF, d.h. ca. 1.600 EUR betragen und dazu könnte zusätzlich noch eine Versäumnisstrafe hinsichtlich der nicht eingereichten Steuererklärungen verhängt werden. Bei der Kalkulation der zu zahlenden Steuern bezüglich der Betriebsstätte müssen die sich auf die Höhe der Steuerbemessungsgrundlage auswirkenden speziellen Positionen der ungarischen Regelungen im Zusammenhang mit Betriebsausgaben, Aufwendungen und auch den Verrechnungspreisregelungen berücksichtigt werden. Die korrekte Bestimmung der Steuerbemessungsgrundlage ist ein entscheidender Faktor, da keine der Steuerbehörden von den betroffenen Ländern gerne auf ihre Steuereinnahmen verzichtet, die Steuerzahler werden bei nicht abgeführten Steuern nicht mit Samthandschuhen angefasst. Aufgrund all dieser Fragen empfehlen wir Ihnen, bei der Betriebsstätten-Registrierung und der Kalkulation derer Steuerbemessungsgrundlage die Mithilfe unseres Steuerberaters in Anspruch zu nehmen.

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