02.05.2017

Umsatzsteuerliche feste Niederlassung – die Mängel bei der Definition

Alle, die sich näher mit der Umsatzsteuer beschäftigen, wissen ganz genau, was für eine wichtige Bedeutung die Begriffe „festständige Betriebstätte” oder „umsatzsteuerliche feste Niederlassung” bei der mehrwertsteuerlichen Behandlung von internationalen Transaktionen haben. Dies kann sich auf den Mehrwertsteuersatz der erbrachten Dienstleistungen auswirken. Aber auch bei der im Ausland aufkommenden Umsatzsteuerrückerstattung muss berücksichtigt werden, ob für die Gesellschaft eine Betriebsstätte im gegebenen Land entstanden ist. Wenn für ein ausländisches Unternehmen eine Betriebsstätte in Ungarn entsteht, kann die Umsatzsteuerregistrierung und die damit verbundene zusätzliche Administration nicht vermieden werden. In unserem nachfolgenden Artikel werden wir uns auch mit diesen Themen beschäftigen, aber sehen wir uns erstmal an, was die größte Herausforderung bei der Definition ist.

Umsatzsteuerliche feste Niederlassung – die ungarische Definition 

Nach dem in Ungarn geltenden Umsatzsteuergesetz gilt außer dem Firmensitz der ortsgebundene, auf nachhaltiges Ausüben der Geschäftstätigkeit angelegte (oder dafür vorgesehene) geografisch abgegrenzte Ort als ständige Betriebsstätte, wo auch anderweitige Bedingungen zum selbständigen Ausüben der Wirtschaftstätigkeit – im Vergleich zum Firmensitztatsächlich zur Verfügung stehen. In bestimmten Fällen kann auch die Handelsvertretung der Steuerpflichtigen als ständige Betriebsstätte gelten.

Interessant zu beobachten ist hierbei, dass die Definition der Niederlassung im früheren Umsatzsteuergesetz vor 2008 einen ganz anderen Ansatz hatte:

Als Niederlassung zählte demzufolge eine gesonderte Produktions- oder Geschäftseinrichtung, in der der Steuerpflichtige eine ortsgebundene und eine nachhaltig einnahmeerzielende Tätigkeit ausübte, insbesondere nachfolgender Auflistung:

a) Sitz der Geschäftsleitung;
b) Zweigniederlassung;
c) Fertigungswerk;
d) Werkstatt oder Lager;
e) Bergwerk, Steinbruch, Ölfeld oder andere Niederlassung zum Abbau der natürlichen Ressourcen;
f) Anlage zur Bau-, Erstellungs-, Montage- und Überwachungstätigkeit.

Glücklicherweise konnte diese Definition nach 2008 wieder außer Acht gelassen werden, und in der bereits erwähnten und aktuell geltenden Definition hinsichtlich der Betriebsstätte gibt es keine taxative Auflistung mehr.

Das größte Problem mit der Definition für die umsatzsteuerliche feste Niederlassung ist vielleicht, dass es nicht gelungen ist, genau zu bestimmen, welcher Zeitraum als „nachhaltig” gilt. Dies hat eine enorme Bedeutung, weil dadurch bestimmt wird, ob die ausländische Gesellschaft in Ungarn hinsichtlich der Umsatzsteuer registriert werden muss oder nicht. Lassen Sie uns einen Blick auf die EU-Regelung werfen! Wird uns die Definition dann klarer erscheinen?

 Umsatzsteuerliche feste Niederlassung nach den EU-Verordnungsvorschriften

Aufgrund der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 282/2011 des Rates hinsichtlich des Dienstleistungsempfängers gilt als „feste Niederlassung“ jede Niederlassung, die einen hinreichenden Grad an Beständigkeit sowie eine Struktur aufweist, die es ihr von der personellen und technischen Ausstattung her erlaubt, Dienstleistungen, die für den eigenen Bedarf dieser Niederlassung erbracht werden, zu empfangen und dort zu verwenden. Hinsichtlich des Dienstleistungserbringers gilt als „feste Niederlassung” jede Niederlassung, die einen hinreichenden Grad an Beständigkeit sowie eine Struktur aufweist, die es ihr von der personellen und technischen Ausstattung her erlaubt, Dienstleistungen zu erbringen.

Über den Zeitraum ist in dieser Verordnung ebenfalls nicht die Rede, darüber hinaus gibt es sogar Unterschiede zwischen den ungarischen Verordnungen und den EU-Bestimmungen. Hierbei möchten wir Sie darauf hinweisen, dass die in den Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung festgelegten Definitionen über die Betriebsstätte (permanent establishment) und die umsatzsteuerliche feste Niederlassung (fixed establishment) nicht dasselbe sind. Während im Hinblick auf die direkte Steuer die Bestimmung der Betriebsstätte auch durch Beispiele in der Musterabkommen unterstützt wird, stellt die Bestimmung der Betriebsstätte hinsichtlich der indirekten Steuer keine leichte Aufgabe dar und es kommt vor, dass Rechtsfälle aus der EU den einzigen Anhaltspunkt geben können (z.B. in Sachen ARO Lease, Berkholz oder Welmory).

Wie schaut das in der Praxis der ungarischen Steuerbehörde NAV aus?

Nach der Untersuchung der üblichen Handhabung des ungarischen Rechtsanwenders, der Nationalen Steuer- und Zollbehörde in Ungarn (NAV) ist ersichtlich, dass die Steuerfahnder immer in Kenntnis der jeweiligen Transaktion und aller dazugehörenden Umstände feststellen, ob eine ungarische umsatzsteuerliche feste Niederlassung bestimmt werden kann oder nicht. Die Steuerfahnder können neben den in der Definition genannten anderweitigen Bedingungen auch den im Vertrag festgesetzten Zeitraum und den tatsächlichen Zeitraum der Tätigkeit in Ungarn überprüfen. Wir können davon ausgehen, dass ein Zeitraum von mehr als 12 Monaten ganz sicher eine umsatzsteuerliche feste Niederlassung und damit eine Registrationspflicht bestimmen lässt, während eine kürzere, eine 3 bis höchstens 6 Monate andauernde Dienstleistungstätigkeit in Ungarn wahrscheinlich keine Niederlassung zur Folge hätte.

Natürlich ist eine tiefgehende Prüfung bei der gegebenen Transaktion und Transaktionsart in Ungarn unverzichtbar, da als Folge einer falschen Betriebsstättenbeurteilung die NAV eine Steuerschuld feststellen und in diesem Zusammenhang eine Steuerstrafe in Höhe von höchstens 50% und Verzugszinsen verhängen kann.

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