05.06.2018

Entstehung von Recht auf Vorsteuerabzug und Recht auf Erstattung der Mehrwertsteuer

Die zunehmenden Aktivitäten des Gerichtshofs der Europäischen Union wirken sich bei den Unternehmen immer mehr auf ihre grenzüberschreitenden Geschäftstätigkeiten und deren steuerlichen Aspekte aus. Kürzlich berichteten wir darüber, wie sich das Urteil des Europäischen Gerichtshofs in der Rechtssache C 628/16 auf die steuerliche Behandlung von Reihengeschäften auswirkt. Früher haben wir bereits eine Entscheidung in Verbindung mit der Beurteilung von Leasing aus Sicht der Mehrwertsteuer oder den Beschluss im Zusammenhang mit dem Reverse-Charge-Verfahren näher erläutert. Nun nehmen wir ein Urteil unter die Lupe, das die Entstehung vom Recht auf Vorsteuerabzug und das Recht auf Erstattung der Mehrwertsteuer erörtert.

Nach 6 Jahren stellten sie fest, dass ihre Vorgehensweise nicht richtig war

Der Europäische Gerichtshof veröffentlichte am 21. März 2018 sein Urteil in der Rechtssache C‑533/16., d.h. in dem von der Najvyšší súd der Slowakischen Republik (Slowakei) eingereichtem Vorabentscheidungsersuchen vom 20. Oktober. Im geprüften Fall lieferten Gesellschaften der Hella-Gruppe (Hella-Gesellschaften) mit Sitz in der Slowakei zwischen 2004 und 2010 der deutschen Gesellschaft Volkswagen AG Formen zur Herstellung von Leuchtkörpern für Kraftfahrzeuge.

In den Rechnungen wiesen die Hella‑Gesellschaften keine Mehrwertsteuer aus, weil sie annahmen, dass es sich nicht um Warenlieferungen, sondern um einen von der Mehrwertsteuer befreiten „finanziellen Ausgleich“ handele. Im Laufe des Jahres 2010 stellten sie fest, dass ihre Vorgehensweise nicht richtig war, und stellten daher Rechnungen aus, in denen die von Volkswagen geschuldete Mehrwertsteuer ausgewiesen war, reichten ergänzende Steuererklärungen für alle Jahre von 2004 bis 2010 ein und führten die Mehrwertsteuer an die slowakische Staatskasse ab.

Ist das Recht auf Erstattung der Mehrwertsteuer erloschen?

Volkswagen beantragte bei der slowakischen Steuerverwaltung die Erstattung der für diese Lieferungen ausgewiesenen Mehrwertsteuer. Die slowakische Steuerverwaltung gab dem Antrag von Volkswagen teilweise statt und verfügte die Erstattung der Mehrwertsteuer von den Warenlieferungen der Jahre 2007 bis 2010. Dagegen lehnte sie die Erstattung von den Warenlieferungen für die Jahre 2004 bis 2006 mit dem Rechtsgrund ab, das Recht auf Erstattung der Mehrwertsteuer sei zum Zeitpunkt der Lieferung der Waren entstanden, d. h. als der Anspruch auf die Mehrwertsteuer entstand.

So sei das Recht auf Erstattung der Mehrwertsteuer für den Zeitraum von 2004 bis 2006 bereits zum Zeitpunkt der Stellung des Erstattungsantrags erloschen gewesen (praktisch sind die Ausschlussfristen abgelaufen). Die Rechtssache gelangte bis zum Obersten Gericht der Slowakischen Republik, und das Oberste Gericht wandte sich zur Rechtsauslegung an den Europäischen Gerichtshof.

Eine dem Unionsrecht entgegenstehende Regelung des Mitgliedstaats

Laut Gerichtsentscheidung steht die Regelung eines Mitgliedstaats der vom Unionsrecht entgegen, wenn unter ähnlichen Umständen wie im Grundfall das Recht auf Erstattung der Mehrwertsteuer mit der Begründung abgelehnt wird, dass die vorgesehene Ausschlussfrist zur Ausübung dieses Rechts ab dem Zeitpunkt der Lieferung zu laufen begonnen habe und vor der Stellung des Erstattungsantrags abgelaufen sei.

Laut Gerichtshof kann die Erstattung der Mehrwertsteuer erst nach Einhaltung sowohl materieller als auch formeller Anforderungen und Bedingungen gestellt werden, die das Recht auf Vorsteuerabzug gewähren. Es genügt also nicht, dass die Leistung erbracht wird, man muss auch im Besitz der Rechnungen sein.

In Ungarn trat am 1. Januar 2016 eine wesentliche Änderung bezüglich des Vorsteuerabzugs in Kraft, die Steuerpflichtige ab 2018 auch in der Praxis anwenden müssen.

Falls Sie Fragen bezüglich des Vorsteuerabzugs oder der Ausübung des Rechts auf Erstattung der Mehrwertsteuer haben, stehen Ihnen die Umsatzsteuerexperten von WTS Klient Ungarn gerne zur Verfügung.

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