Der ViDA-Entwurf (VAT in the Digital Age, deutsch: Umsatzsteuervorschriften für das digitale Zeitalter) ist das am 8. Dezember 2022 eingebrachte Legislativpaket der Europäischen Kommission, dessen Ziel die Modernisierung der Funktion des gemeinsamen Umsatzsteuersystems bzw. die Zurückdrängung von Umsatzsteuerbetrug ist.
Bei der Ausarbeitung vom ViDA-Entwurf berücksichtigte die Kommission den Bericht zur Umsatzsteuerlücke von 2022 (2022 VAT Gap Report), aus dem neben vielen interessanten Fakten (z. B., wie erfolgreich Ungarn in den vergangenen Jahren die Umsatzsteuerlücke schließen konnte) auch hervorging, dass die Mitgliedstaaten in 2020 durch Betrugsfälle mit der Umsatzsteuer bei innergemeinschaftlichen Geschäften (z. B. Karussellbetrug) Einnahmenverluste bei der Umsatzsteuer von etwa 93 Milliarden EUR hatten. Neben der Senkung dieser Summe bestehen die wichtigen Ziele vom ViDA-Entwurf in der Anpassung des gemeinsamen Umsatzsteuersystems an das digitale Zeitalter hinsichtlich innergemeinschaftlicher Geschäfte und der sog. Plattformwirtschaft sowie in der Senkung der administrativen Lasten der Steuerpflichtigen.
Deshalb hat die Kommission drei Hauptzielsetzungen formuliert:
- Einführung einer digitalen Datenübermittlung, bei grenzüberschreitenden Geschäften wird die Einführung einer elektronischen Rechnungsstellung obligatorisch;
- Aktualisierung der Umsatzsteuervorschriften, um die Herausforderungen der Plattformwirtschaft anzugehen;
- Einführung einer einmaligen Umsatzsteuerregistrierung.
Digitale Datenübermittlung
Für die ungarischen Steuerpflichtigen ist dieser Ausdruck nicht unbekannt, in Ungarn gibt es bereits seit einiger Zeit die sog. Online Datenübermittlung von Rechnungsdaten, mit der wir uns bereits in mehreren Artikeln eingehend beschäftigt haben. Dieses System hat in Ungarn zusammen mit dem EKAER-System (Elektronisches Kontrollsystem für den Güterverkehr auf der Straße) in hohem Maße zur Zurückdrängung von Betrugsfällen mit der Umsatzsteuer und zur Erhöhung der Umsatzsteuereinnahmen beigetragen. Ungarn ist nicht der einzige Mitgliedstaat, der bereits eine digitale Datenübermittlung von Rechnungsdaten eingeführt hat. Nach Schätzungen der Kommission stiegen die Einnahmen bei der Umsatzsteuer in den Mitgliedstaaten, in denen irgendeine Pflicht zur Übermittlung von digitalen Daten vorgeschrieben wurde, zwischen 2014 und 2019 zwischen 2,6 und 3,5 % an.
Dem ViDA-Entwurf zufolge wird die Einführung eines auf einer elektronischen Rechnungsstellung beruhenden Systems der gemeinsamen digitalen Datenübermittlung in erster Linie bei den innergemeinschaftlichen Geschäften notwendig sein. Gegenwärtig übermitteln die Steuerpflichtigen mit der Einreichung der zusammenfassenden Meldungen nur in einer auf der Steuernummer beruhenden Zusammenfassung des Mitgliedstaates aggregierte Daten über den innergemeinschaftlichen Handel, nicht aber für die einzelnen Umsätze. Deshalb plant die Kommission die Einführung einer digitalen Datenübermittlung, die eine Meldung der innergemeinschaftlichen grenzübergreifenden Transaktionen in Quasi-Echtzeit auf der Start- und Empfangsseite gleichermaßen vorschreibt. Darüber hinaus wird längerfristig noch die Harmonisierung der nationalen Meldesysteme und die Ausgestaltung eines einheitlichen Musters angegangen.
Umsatzsteuerregelungen der Plattformwirtschaft
Die Plattformwirtschaft ist ein modernes Geschäftsmodell (in erster Linie bei der Personenbeförderung, z. B. Uber, und bei der Kurzzeitvermietung von Unterkünften, z. B. Airbnb), wo Privatpersonen und Kleinunternehmen mit Hilfe oder unter Vermittlung der Plattform ihre Dienstleistungen erbringen können. Da die Unternehmer eine steuerpflichtige Tätigkeit betreiben, müssen sie sich in den meisten Fällen als Steuerpflichtige registrieren lassen, was den Dienstleistern zusätzliche administrative Lasten auferlegt, oder aber sie betreiben ihre Tätigkeit steuerfrei, womit sie aber den Wettbewerb verzerren. Ein Problem stellt auch die Tatsache dar, dass die Umsatzsteuerregeln der einzelnen Mitgliedstaaten in Verbindung mit der Plattformwirtschaft voneinander abweichen oder sie diese unterschiedlich anwenden.
Aus dem oben Dargelegten ergibt sich, dass es notwendig ist, ein gemeinsames und einfaches System auszugestalten, damit der Verwaltungsaufwand der Anbieter von Online-Plattformen und der über sie ihre Dienstleistungen zu vertreiben beabsichtigenden Steuerpflichtigen sinkt und die Steuererhebung leichter wird. Um das zu erreichen, wird eine sog. Regelung des fiktiven Lieferers/Dienstleistungserbringers (Deemed Supplier) eingeführt, in dem im Wesentlichen die Steuer anstelle der die Dienstleistungen tatsächlich erbringenden Steuerpflichtigen von den Anbietern von Online-Plattformen abgeführt wird. Einheitliche Regeln werden des Weiteren in Bezug auf den Ort der Lieferung eingeführt und auch die Datenübermittlung und die Übermittlung von Informationen der Plattformen harmonisiert.
Einfache Umsatzsteuerregistrierung
Die Änderungen, die seit dem 1. Juli 2021 gelten, haben die Administration der Online-Händler mit der Einführung eines sog. Systems der „einzigen Anlaufstelle“ (One Stop Shop, OSS) in hohem Maße verringert. Dabei ist wesentlich, dass man sich bei grenzüberschreitenden Lieferungen an Privatpersonen nicht im Land des Dienstleistungsempfängers registrieren muss und die im Zielland anfallende, zu zahlende Steuer über das OSS-System beglichen wird. Außerdem wurde das sog. System der „einzigen Anlaufstelle für die Einfuhr“ (Import One Stop Shop, IOSS) zur Verwaltung von Lieferungen aus Ländern außerhalb der EU an Verbraucher in der EU eingeführt, das zugleich die einzige Anlaufstelle für die Einfuhr kleiner Pakete mit Konsumgütern (mit einem Wert von höchstens 150 EUR) ist.
Eine Absicht vom ViDA-Entwurf ist die Ausdehnung der Geltung der Systeme von einzigen Anlaufstellen, da das OSS oder das IOSS in der gegenwärtigen Form keine geeignete Lösung oder Vereinfachung für bestimmte Wirtschaftsbeteiligte, vor allem für kleine und mittlere Unternehmen bietet und auch damit wegen der Registrierung in den betroffenen Mitgliedstaaten für die Steuerpflichtigen eine zusätzliche Administration entstehen lässt.
Die Europäische Kommission möchte laut ViDA-Entwurf die obigen Ziele stufenweise zwischen 2024 und 2028 realisieren. Unserer Meinung nach hat die Kommission die richtige Richtung eingeschlagen: die Digitalisierung und die Verringerung der Administration sind sehr wichtige Kriterium und die Umsetzung der Entwürfe könnte die Sicherheit der Steuererhebung tatsächlich effizient sichern und die Umsatzsteuerlücke verringern. Die Ausarbeitung der detaillierten Regeln ist noch im Gange und wir hoffen, dass im Endergebnis ein modernes Umsatzsteuersystem mit wirklich zukunftsweisenden Lösungen entstehen wird.
Was bedeutet der ViDA-Entwurf für Ungarn?
Auch von ungarischer Seite sind in Verbindung mit dem Thema einige Fragen aufgetreten. Eine solche ist beispielsweise, was mit der ungarischen Online-Meldung von Rechnungsdaten wird? Kann sie bleiben oder muss das gemeinschaftliche System dann auch bei inländischen Umsätzen angewendet werden? Ober ob mit der Datenübermittlung zu innergemeinschaftlichen Geschäften der Traum der Steuerbehörde (NAV) verwirklicht werden kann und sie die Umsatzsteuererklärung der Steuerzahler unter Zusammenführung mit den übermittelten Daten der inländischen Rechnungen erstellen kann (wobei hier natürlich noch die Posten aus Drittstaaten fehlen werden)? Das ist alles eine Frage der Zukunft. Sobald wir etwas erfahren, fassen wir natürlich das Wesentliche zusammen.
Die Umsatzsteuerexperten von WTS Klient Ungarn können mit ihren fachlichen Erfahrungen aus mehreren Jahrzehnten ihre Mandanten nicht nur im Bereich der ungarischen, sondern auch der internationalen Umsatzsteuerregelungen effizient unterstützen. Wenden auch Sie sich vertrauensvoll an uns, wenn Ihre Firma in internationalen und innergemeinschaftlichen Transaktionen involviert ist und Sie Fragen haben, auf welche Änderungen Sie sich bei den neuen Regeln einstellen müssen!