03.07.2018

Vorschläge zu Änderungen am ungarischen Steuersystem

adorendszer

Die Regierung hat dem Parlament Mitte Juni das Budget für 2019 vorgelegt. Einen Steuerberater interessieren bei solchen Anlässen vor allem Änderungen im Steuersystem. Da die Berechenbarkeit der Elemente des Steuersystems für Investoren die wichtigste Erwartung bildet, können wir mit Freude zur Kenntnis nehmen, dass laut dem Budgetentwurf für das Jahr 2019 keine unvorhergesehenen und signifikanten Änderungen in Ungarn zu erwarten sind.

Die 15%-ige Einkommenssteuer und die mit ermäßigten Steuersätzen gemilderte 27%-ige Mehrwertsteuer bleiben weiterhin bestehen, und auch in Verbindung mit der Familiensteuerermäßigung- und Sozialbeitragsteuer werden lediglich die bereits früher beschlossenen Änderungen in Kraft treten, die weitere Ermäßigungen sichern. Obwohl die Begrenzung der Cafeteria-Elemente und die Einführung der Sondersteuer für Einwanderung im Jahr 2019 auch für etwas Aufregung sorgen, stellt sich die Frage, ob das Steuersystem wirklich seine endgültige Form hat, und in den nächsten vier Jahren keine weiteren substanziellen Änderungen erforderlich sind.

Wo sollten Änderungen am ungarischen Steuersystem vorgenommen werden?

Die radikale Umgestaltung des Steuersystems im Jahr 2011, d.h. der Richtungswechsel von der Besteuerung des Einkommens zur Besteuerung des Konsums, ist ein grundlegendes Ziel der Steuerpolitik, dessen Richtigkeit bei den derzeitigen Wirtschaftsindikatoren schwer zu widerlegen ist. Es gibt jedoch drei Änderungsvorschläge von geringerer Tragweite, die keine signifikanten Änderungen am Steuersystem erfordern und eine Überlegung wert wären. Ich versuche, Ihnen diese hier vorzustellen.

Branchen-Sondersteuern im ungarischen Steuersystem

Die 6 größten Branchen-Sondersteuern (Sondersteuer für Finanzorganisationen, Einkommensteuer der Energieversorger, Fernmeldesteuer, Steuer für Versorgungsleitungen, Versicherungssteuer und Glücksspielsteuer) erreichten im Jahr 2018 nicht mal ganz 3% von Ungarns Budgeteinnahmen. Diese Sondersteuern verzerren gleichzeitig den Wettbewerb. Die Gesellschaften, die in den von den Sondersteuern betroffenen Branchen tätig sind, müssen in den meisten Fällen eine effektive Steuerbelastung von mehr als 50% ihrer Gewinne hinnehmen, wenn zur Körperschaftsteuer die Sondersteuer hinzugerechnet wird, aber es kann auch vorkommen, dass das Steuerniveau sogar über 80% beträgt. Bei einem solchen Steuerbelastungsniveau macht die Ausübung einer Wirtschaftstätigkeit fast keinen Sinn mehr. Die Investoren halten eigentlich nur deshalb an Ungarn fest, da sie unter diesen steuerlichen Bedingungen bei einem eventuellen Verkauf ihrer Gesellschaft nur den Bruchteil des investierten Kapitals wieder zurückbekommen könnten. Auf neue Marktteilnehmer können wir in den von Sondersteuern betroffenen Branchen leider vergeblich warten. Das Wachstum der Umsatzsteuereinnahmen von 200-300 Milliarden HUF (ca. 600-900 Millionen EUR), das man sich durch die Einführung der Online-Rechnungsstellung am 1. Juli 2018 erhofft, würde eine Abschaffung der Branchen-Sondersteuern fast vollständig abdecken. Dieser Schritt würde in den betroffenen Branchen zu einer höheren Investitionslust führen, so dass ein Teil der verlorenen Haushaltseinnahmen in Form von anderen Steuerarten trotzdem einfließen würde.

Gewerbesteuer

Die Gewerbesteuer ist auf Ebene der nationalen Wirtschaft nach der Umsatzsteuer und der Personaleinkommensteuer die drittstärkste Steuereinnahmequelle in Ungarn. Wie kann es möglich sein, dass eine Körperschaftsteuer von 9% weniger Haushaltseinnahmen generiert als die unwesentlich wirkende Gewerbesteuer von 2%?

Dieser Widerspruch lässt sich außer den Vorteilen im Bereich der Körperschaftsteuer auch dadurch erklären, dass sich die Bemessungsgrundlage der Gewerbesteuer auf ein Mehrfaches der Körperschaftsteuer beläuft. Bei Einnahmen von mehr als 600 Milliarden HUF (ca. 1,8 Milliarden EUR), die den Kommunalverwaltungen aus dieser Steuerart zufließen, ist daher mit einer drastischen Senkung nicht wirklich zu rechnen.Mit der stufenartigen Anhebung des Steuersatzes und parallel dazu mit einem stufenmäßigen Ermöglichen des Abzuges der Aufwendungen der Lohn- und Gehaltskosten, Abschreibungen, und sonstigen Aufwendungen von der Steuerbemessungsgrundlage könnte die Höhe der Gewerbesteuereinnahmen trotzdem unverändert bleiben, gleichzeitig würde die Gewinnträchtigkeit der Unternehmen in der Höhe der Steuerpflicht verhältnismäßig besser zur Geltung kommen.

Ernsthafte Investoren berechnen vor einer bestimmten Investitionsentscheidung auf Grundlage der abzuführenden Steuern eines bestimmten Landes immer die sogenannte effektive Steuerbelastung. Wenn wir die wirtschaftspolitische Kommunikation, die nur auf Ebene der Steuersätze stattfindet, stoppen, und unseren potenziellen Investoren die ansonsten vorhandenen regionalen Ertragssteuervorteile auf der Ebene der effektiven Steuerbelastung, und gleichzeitig mit den nicht außer Acht zu lassenden Vorteilen der Transparenz aufzeigen, können wir eine ordentliche Wirtschaftsentwicklung erreichen.

Die meist ungerechtfertigte Institution im ungarischen Steuersystem: die Aufstockung der Körperschaftsteuer

Die Steuerpflichtigen, deren Nettoumsatz sich im Vorjahr auf mehr als 100 Millionen HUF (ca. 300.000 EUR) belaufen hat, müssen bis zum 20. Tag des letzten Monats des laufenden Geschäftsjahres die Höhe ihrer Jahressteuerpflicht einschätzen, und die Differenz zwischen diesem Betrag und den bereits geleisteten Steuervorauszahlungen auch begleichen.

Neben dem ansonsten gut funktionierenden und logischen Steuervorauszahlungsverfahren ist die Ergänzung unverständlich, dass bis zum 20. Dezember (bei einem vom Kalenderjahr abweichendem Geschäftsjahr bis zum 20. des letzten Monats des Geschäftsjahres)  die Körperschaftsteuerpflicht im Voraus geschätzt werden und die errechnete Differenz unter Berücksichtigung der bereits entrichteten Steuervorauszahlungen abgeführt werden muss. Dieser Termin liegt oft 2-3 Monate vor der Erstellung des Jahresabschlusses. Abgrenzungen zum Jahresende, umsatzabhängige Bonus- und Prämienzahlungen und Konzernverrechnungen beeinflussen die Jahresergebnisse der Gesellschaften vor Steuern und somit auch die Körperschaftsteuerbemessungsgrundlage. Auch die Bemessungsgrundlage für die abzuführende Körperschaftsteuer wird von zahlreichen Posten beeinflusst, die ihre Erhöhung oder Senkung bewirken. Monate vor der Erstellung des Jahresabschlusses ist selbst die Auflistung dieser Positionen nicht einfach.

Falls die Summe der im Laufe des Jahres geleisteten Steuervorauszahlungen und der Aufstockung zum Jahresende weniger beträgt, als 90% der – erst 5 Monate später festzustellenden – tatsächlichen Körperschaftsteuerpflicht des Berichtsjahres, muss eine Versäumnisstrafe in Höhe von 20% des Differenzbetrags entrichtet werden. Das alles nur deshalb, weil die Gesellschaft mehrere Monate vor der Erstellung des Jahresabschlusses noch nicht genau wusste, wie sich ihr von äußeren Faktoren abhängiges Jahresergebnis entwickeln wird. Obendrein ist die ungarische Steuerbehörde bei der Feststellung der Versäumnisstrafe unerbittlich. Wird der Aufstockungsbetrag nur ein Tag später überwiesen, weil sich der Unterschriftsberechtigte am Tag davor z.B. nicht in Ungarn aufhielt, wird die Strafe in voller Höhe und ohne Ausnahme verhängt.

Ich hege den Verdacht, dass das Aufrechterhalten dieses Verfahrens nur einem einzigen Ziel dient: zur Vermeidung hoher Versäumnisstrafen leisten die Gesellschaften höhere Steuervorauszahlungen und Aufstockungen als die tatsächliche Körperschaftsteuerpflicht eigentlich erforderlich macht. Dadurch wird der Staatshaushalt ab dem Jahresende für 5 Monate lang zinsfrei finanziert. Bei einem Wirtschaftswachstum von 4% und einem Haushaltsdefizit unter 2% wäre es vielleicht an der Zeit, dieses betriebswirtschaftlich ungerechtfertigte Verfahren einzustellen.

Viele weitere Änderungen zum Steuersystem haben wir dem ungarischen Wirtschaftsministerium (früherer und neuer Name: Finanzministerium) bereits in unseren jährlichen Vorschlagspaketen vorgelegt, aber ich denke, wenn die drei wichtigsten Änderungen, die in diesem Artikel nochmals genannt wurden, in den nächsten vier Jahren in den Steuergesetzen wiederzufinden wären, könnten wir mit dem ungarischen Steuersystem zufrieden sein.

Planen Sie für Ihr Unternehmen eine komplexe Steuerstrategie und benötigen Sie zur Ausarbeitung von konkreten Schritten und zur detaillierten Interpretation des ungarischen Steuersystems sowie zur Vermeidung von möglichen Steuerfallen einen Berater? Dann wenden Sie sich bitte vertrauensvoll an uns!

Kontaktieren Sie uns!

Sie haben Fragen zu WTS Klient Ungarn oder zu unseren Inhalten? Lassen Sie es uns wissen und füllen Sie unser kurzes Kontaktformular aus. Wir werden uns so schnell wie möglich bei Ihnen melden.