19.09.2017

EKAER- Nummer – die niemals heilende Wunde I.

„Die Einführung von EKAER in Ungarn ist eine Erfolgsgeschichte und die Nachbarländer wollen nun auch dieses System importieren“. Laut den Aussagen der ungarischen Behörden funktioniert das System gut und erreicht die angestrebten Ziele. Allerdings ist nicht sicher, ob die Benutzer dieses Systems und die Steuerzahler, die einen Fehler im System begehen, dies genauso sehen. Es muss gesagt werden, dass auch EKAER seine Schattenseiten hat. Eine zunehmende Administration oder der daraus resultierende Lohnkostenanstieg sind nur ein Teil dieser negativen Auswirkungen. Als Steuerberater treffen wir von Tag zu Tag auf immer mehr Steuerpflichtige, die unter den Auswirkungen dieses Systems leiden.

Welche Auswirkungen hat die Einführung von EKAER?

Nach dem Länderbericht 2017 der EU führte die Einführung des EKAER Elektronisches System zur Kontrolle von Warentransporten im öffentlichen Straßenverkehr) in Ungarn auch für den innergemeinschaftlichen Handel zu administrativen Belastungen. „All dies macht deutlich, dass eine höhere Effizienz bei der Vereinnahmung der Steuern nur durch den Anstieg der Compliance-Kosten erreicht werden kann“,  wie im Länderbericht steht. Und wie sieht es mit den Geldbußen aus, die höher als die Compliance-Kosten sind?

Die Unterlassungsgeldbuße hinsichtlich des Systems kann sogar bis zu 40% vom Wert der Güter betragen, die ohne EKAER-Nummer transportiert wurden (in dem Fall bewertet die ungarische Steuerbehörde NAV die Herkunft der Güter auch dann als Waren mit nicht ausgewiesener Ursprungserklärung, selbst wenn der Versender und die Herkunft der Güter aus dem Lieferschein eindeutig hervorgehen. Mit dieser Strafe können diese Steuerzahler rechnen, die ihrer Anmeldepflicht in Ungarn fehlerhaft, mit unwahrem Dateninhalt oder mangelhaft nachgegangen sind. Die NAV kann auch eine Strafe verhängen, wenn keine EKAER-Nummer beantragt wurde und z.B. auch dann, wenn die angemeldete Gewichtsangabe um mehr als 10% von dem Gewicht der transportierten Güter abweicht. Man kann sich auf eine Strafe gefasst machen, wenn der erschöpfte Kollege aus der Logistik den Buchstaben „Y” vom Kennzeichen als „V” abliest und das Kennzeichen so anmeldet.

Auch an Wochenenden sollte man nicht glauben, sich ausruhen zu können. Wenn z.B. die Schließung der EKAER-Nummer auf das Wochenende fällt und die Kollegen nicht in der Lage sind, diese Aufgabe zu lösen, könnte der Albtraum einer Strafe ebenfalls wahr werden. Es gab einen Fall, in dem die Inspektoren, die die Steuerprüfung in Ungarn durchführten, aufgrund vom fehlerhaft angegebenen Namen einer ausländischen Stadt eine Strafe verhängen wollten. Erst nachdem sie unsere Einwendung gegen das Protokoll verstanden haben, konnten sie eingesehen, dass der Begriff Cologne und die ungarische Bezeichnung Köln die gleiche Stadt benennen und der Stadtname, der in den verschiedenen Sprachen anders lautet, keine Rechtsgrundlage für die Verhängung einer Versäumnisstrafe bilden kann. Neben der Verzugsstrafe kann auch eine Beschlagnahme der Güter erfolgen, was bei einem mit engen Terminen verbundenen Produktionsprozess zu weiteren Schäden oder sogar zu einem Produktionsausfall führen kann.

Zu hohe Geldstrafen und Strafen, die die Rechtssicherheit verletzen

Obwohl die Sanktion vom Gesetzgeber in Ungarn als Versäumnisstrafe bezeichnet wird, glauben wir, dass mehr hinter einer Sanktion steckt, die mit dem Güterwert zusammenhängt. Der Zweck einer sehr hohen Geldstrafe ist, Steuerhinterzieher abzuschrecken. Gleichzeitig erweist sich jedoch gerade das Erwischen von Steuerhinterziehern und das nachträgliche Eintreiben von Beträgen als schwierig. Die Strafe in Höhe von 200% beim Verschweigen von Einnahmen soll gerade im neuen Steuerverfahrensgesetz derart geändert werden, dass die Höchststrafe nur noch 100% beträgt. Warum? Dem Gesetz zufolge sollte der Höchstbetrag der Strafe deshalb gesenkt werden, weil sich von diesen Steuerzahlern selbst das Eintreiben der Steuerschuld als sehr schwierig erweist, gar nicht erst zu reden von einer Strafe. Wir würden uns auch in Bezug auf EKAER über eine ähnliche Gesetzesänderung sehr freuen – obwohl es bestimmt hier einige Steuerzahler geben würde, die im Falle einer Warenlieferung im Wert von mehreren hunderttausend Euro sagen würden, dass es egal sei, ob höchstens 40% oder 20% des Warenwertes verhängt werden können, da im Falle einer Straferhebung bei beiden Beträgen ihr Unternehmen höchstwahrscheinlich die Rollläden runterlassen müsste.

Meines Erachtens nach ist der Strafbetrag in Höhe von bis zu 40% des derzeitigen Güterwertes bei Gütern mit nicht nachgewiesener Herkunft oder bei nicht angemeldeten Gütern übertrieben hoch und übersteigt das Maß, das zum Erreichen der angestrebten Ziele durch die Regelung (d.h. die Rückverfolgbarkeit der Güter) erforderlich wäre. Die Geldbuße von 0 bis 40% gewährt der Steuerbehörde in Ungarn auch einen zu weitreichenden Ermessensspielraum, der die Anforderung der Rechtssicherheit verletzt. Hierbei ist zu bemerken, dass auf der Ebene des normativen Textes geklärt werden sollte, ob der Netto- oder Bruttowert der Güter ohne nachgewiesene Herkunft die Grundlage für die Geldbuße darstellt. Zum Beispiel beträgt der Nettowert der Güter ohne nachgewiesene Herkunft 1.000.000 HUF (ca. 3.300 EUR). Wird die Geldbuße auf Basis des Nettowertes verhängt, dann kann die Höhe der Geldbuße sogar bis zu 400.000 HUF (ca. 1.300 EUR) betragen, aber wenn die Mehrwertsteuer in Höhe von 27% auch in die Grundlage mit einberechnet wird, beläuft sich die Bemessungsgrundlage der Geldbuße auf 1.270.000 HUF (ca. 4.200 EUR). Hiermit  kann die Geldstrafe mehr als 500.000 HUF (ca. 1.600 EUR) betragen.

Was sehen wir in der Praxis?

Es ist auch merkwürdig, dass die Höchststrafe von vornherein den Umsatzsteuerwert der Güter übersteigt (bei Karusselbetrug regt der hohe Umsatzsteuersatz in Höhe von 27% zur Steuerhinterziehung an). Wenn von den Inspektoren in Ungarn aufgrund des Verhaltens des Steuerpflichtigen und der untersuchten Unterlagen keine absichtliche Steuerhinterziehung vermutet wird, wird die Höchststrafe wahrscheinlich nicht auferlegt. Basierend auf unseren Erfahrungen ist die 40%ige Strafe niemals verhängt worden, und wir können in den meisten Fällen eine Geldstrafe in Höhe von 100.000 HUF (ca. 330 EUR) pro Fall / pro Prüfung sehen.

All dies ist im Übrigen durch das Steuerverfahrensgesetz erlaubt, d.h., die Steuerbehörde prüft jeden Fall gesondert und bei der Verhängung der Geldbuße werden alle Umstände des Falles, das Gewicht und die Häufigkeit des rechtswidrigen Verhaltens (Tätigkeit oder Unterlassung) des Steuerpflichtigen berücksichtigt und darüber hinaus, ob der Steuerpflichtige oder sein Vertreter im gegebenen Fall mit der von ihm zu erwartenden Umsicht vorangegangen ist. Obwohl wir noch keiner sehr hohen EKAER-Geldstrafe begegnet sind, kann es ärgerlich sein, oder bei einer kleiner Gesellschaft sogar die Gehaltserhöhungen im nächsten Jahr beeinträchtigen, wenn von der Steuerbehörde eine Geldbuße in Höhe von mehreren Monatslöhnen eines für die Logistik zuständigen Kollegen verhängt wird.

Hier kann man den zweiten Teil des Artikels lesen.

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